Appel à témoin urgent:
Cher M.Roland Zavani,
Veuillez nous contacter, s'il vous plaît, dans le cadre de la
recherche de vérité historique concernant le foyer pour 
enfants à Wimmersdorf en Autriche.
Allerdringlichster Aufruf zur Wahrheitsfindung!

Sehr geehrter Herr Roland Zavani!

Bitte, setzten Sie sich mit uns in Verbindung bezüglich
historischer Wahrheitsfindung im Bereich und 
Zusammenhang des Kinderheim Wimmersdorf!

Bitte, um Ihre persönliche Aussage!

Email: peter.ruzsicska@gmx.at









Durch Vernunft, nicht durch Gewalt soll man Kinder zur Wahrheit führen.
Im Gedenken an alle Kindern die in Heimen wie diesem misshandelt wurden
Betreiber Familie Stellbogen 1924-1981
Die mahnenden Opfer


Es soll niemals vergessen sein 



Wimmersdorf
                                              Copyright Pintarelli


 1900
wird das zukünftige Heim noch als kleiner Bauernhof (3041Wimmersdorf 27) gekauft ,
Käufer: Paul Stellbogen
Paul Stellbogen-->Vater von Alfred Stellbogen
Alfred Stellbogen, von 1938-45 Bürgermeister von Johannesberg
Alfred Stellbogen<--Ehegatte von Margarete Stellbogen
1907
 Turnsaal wird gebaut
1914
 das Heim wird gebaut
1918
 bis 1924 wird Wimmersdorf als Erholungsheim, von Paul und Mathilda Stellbogen geführt.
1924
 wurde das Heim unter dem Titel "Kinderheim" von Dir. Alfred und seiner Gattin Margarete Stellbogen geführt.
1926
 kauft  Fam. Stellbogen das erste Auto im Ort
7.Juni schloß Herr Alfred Stellbogen Besitzer des Kinderheimes in Wimmersdorf, mit Frl. Lehrerin Grete Biedermann den Bund der Ehe. Die Trauung fand in Zwettl, dem Heimatsorte der Braut statt.
1931
 (Wienerwald Bote) Tödlicher Unfall, Am 10 Oktober wurde der Zögling des Kinderheimes Wimmersdorf, Franz Charbusky, in der im Erdgeschoss des Anstaltsgebäudes befindlichen Kohlenabteilung tot aufgefunden. Da die Leiche Verletzungen aufwies, und der Totenbeschauer die Möglichkeit eines fremden Verschuldens nicht ausschloß, wurde das Bezirksgericht in Neulengbach verständigt und die Leichenöffnung veranlaßt. Die Erhebungen ergaben, daß Charbusky offenbar eine im Kohlenkeller befindliche Bretterwand erstiegen hatte und von dieser auf eine zweitem niedrigere Bretterwand gestürzt war und sich hiebei die Verletzungen zugezogen hatte. Hiebei war eine Ader geplatzt, und der Tod infolge Blutergusses in die Lunge eingetreten.
1938
 (Wienerwald Bote) Am Sonntag, den 19. Dezember gab es im Kinderheim eine öffentliche Weihnachtsfeier. Zu Beginn spielte das Heimorchester Weihnachtsstücke. Nach der Begrüßung durch den Weihnachtsmann brachten die kleinen Spieler ein Weihnachtsmärchen im wahrsten Sinne des Wortes, da man die verschiedensten Märchengestalten, wie Rotkäppchen, Dornröschen, Frau Holle, Aschenbrödel, Froschkönig und andere sehen konnten. Elfen brachten mit ihrer Königin mehrere allerliebste Reigen, Krippenlieder wurden gesungen, alte Weihnachtslieder konnte man hören und zwar in verschiedenen Ausführungen (Einzelstimmen, zweistimmig, Chöre).
Frau Direktor Stellbogen erntete mit dem "Stella Maria" (von ihren Eltern mit Klavier und Violine begleitet) reichen Beifall. Der Zuschauerraum war bis zum letzten Plätzchen besetzt. Die Ausstattung war sehr schön, die Mühe wurde durch den zahlreichen Besuch und großen Applaus belohnt. Der Reinertrag wird der Winterhilfe zugeführt.
1941
Verdacht auf Euthanasie in Wimmersdorf
Franz P.wird nach Wimmersdorf überstellt, beantragt würde die Überstellung in eine indifferente Anstalt (kein NSV-Heim).Die Überstellung des Franz P. nach Wimmersdorf lässt aufgrund der Ausführungen eines Gutachten nicht unmittelbar den Schluss zu, dass dorten Euthansie durchgeführt wurde. Jedoch liegen laut niedersächsischen Institut für Landeskunde Psychiatrieakten aus Wimmersdorf in Wien. Folglich muss dorten zumind. eine psychiatrische Einrichtung bestanden haben. In Wimmersdorf verschwinden die Spuren von Franz P.^
1944
Im Winter 44 wurde Roland Z. nach Wimmersdorf überstellt wo aus ihm ein Nationalsozialist gemacht werden sollte. Das war eine Art Schule und zugleich ein Ausbildungszentrum für die Hitlerjugend. Hier wurden wir sehr hart behandelt. Wir mussten Übungen machen im Schnee  robben und mit der notdürftigen Kleidung  im Schnee marschieren. Wir waren nicht gut ausgerüstet, da gab es Waffenübungen  wo man uns die Funktionen der Waffen beigebracht hat. Es gab nur einen Schlafsaal . Für mich war das damals sehr schlimm wenn wir jeden Morgen in den Hof hinaus mussten um den Hitlergruß zu machen. Egal ob es stürmte oder schneite erst danach durften wir in das Schulgebäude. Mit 13 Jahren wurde er nach Frankreich in einer Hitlerjugenduniform zurückgeschickt berichtet Roland Zavarani.
1967
 am 19 April besuchten Einsteigdiebe das Kinderheim Wimmersdorf.  In der Nacht zum 10. April steigen zwei Zöglinge eines Wiener Lehrlingsheimes, Karl M. und Johann K. in die Kellerräume des Kinderheimes M.Stellbogen in Wimmersdorfd ein. Sie entwendeten dort Kleidungsstücke und Esswaren im Wert von etwa 2000 Schilling, die sie  in einem Koffer in ihren Versteck, eine Scheune in Wimmersdorf, fortschleppten.
Noch an Ort und Stelle  hatten sich die Täter ihrer abgenützten und verschmutzten Kleidung entledigt und die  gut erhaltenen Sachen verschiedener Heiminsassen angezogen.
Die Beamten des Gendarmerieposten Neulengbach konnten nach Bekanntwerden des Diebstahls vorerst nur den Tatort besichtigen, die fehlenden Gegenstände registrieren und den Einstieg- und Fluchtweg rekonstruieren. Bald jedoch ging es durch Hinweise aus der Bevölkerung um einen Schritt weiter.
Verwahrloste Burschen waren schon einige Tage  verschiedenen Ortsbewohnern aufgefallen. Als die Strolche nun am Montag neuerlich sichtbar wurden, dauerte es nur Minuten, und sie liefen der Gendarmerie in die Hände. Sie des Diebstahls zu überführen war dann  nur mehr Routine, da sie auch die  gestohlenen Kleidungsstücke  anhatten.
Ohne zu zögern gaben die Diebe sofort die Tat zu. Es stellte sich heraus, dass sie vor etwa acht Tagen vom Lehrlingsheim Leopoldstadt davongelaufen und nach kurzen Aufenthalt in Wien bis Wimmersdorf marschiert waren. Sie gestanden dann noch, in Wien Döbling zwei Einbrüche verübt und sechs Autos aufgeknackt zu haben.
Die Burschen schienen nach ihren Geständnisssen erleichtert zu sein. Erschütternd nur das diese Taten im Hinblick auf ihre  Jugend. Noch dazu sind beide bereits einschlägig vorbestraft.

1981
wird der Vertrag durch die  Stadt Wien gekündigt und das Heim aufgelöst
1982
 (NÖN)Kinderheim Wimmersdorf, wurden Zöglinge misshandelt?
Meine Mandantinnen empfinden die Vorwürfe als Frechheit und bestreiten aufs heftigste, dass jemals derartiges vorgefallen sei. So der St.Pöltner Rechtsanwalt Dr.Erwin Dillinger über seine Klientinnen Margarete Stellbogen(78) und deren Töchter Erika Hebar (38) und Helga Lepsinger (52). Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft vor, dass sie im Kinderheim Wimmersdorf Zöglinge körperliche und seelische Qualen zugefügz hätten.
Im Strafantrag ist von Schlägen bis hin zur Bildung von Blutergüssen und Striemen, von stundenlangem strafweisen Stehen in der prallen Sonne und zwang zur Durchführung bis zu 100 Kniebeugen die Rede. Geschehen in der Zeit zw. 1971 und 1980. Doch erst im Jahre 1980 wurde die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen-aufgrund einer ORF-Sendung. Ein Fernsehteam der Sendung „Teleobjektiv“ unter Klaus Gatterer erschien im Kinderheim Wimmersdorf und äußerte den Wunsch, dort eine Reportage drehen zu dürfen. Die Leiterin des Kinderheims, Margarete Stellbogen, akzeptierte dies nicht und wies den ORF-Leuten die Tür.
Am 16.September 1980 sendete „Teleobjektiv“ dennoch einen Bericht über das Kinderheim und brachte darin auch Interviews mit ehemaligen Zöglingen. Allerdings ohne deren Indentität preizugeben. In diesen Schatteninterviews stellten die Ex-Heiminsassen die erwähnten Behauptungen über Züchtigungen auf.
Am 25.6.1982 kam es zu einer ersten Verhandlung gegen M. Stellbogen , der Richter hatte jedoch keine Zeugen geladen, daher wurde die Verhandlung vertagt. Doch wurde wenigstens die Identität der ehemaligen Zöglinge gelüftet. Es handelt sich um Helmut Nigg (22)  Alfred Stachetsberger (24) ernst Bergmann, Horst Stangl (21) , Johann (20) und Heinz Hanyka(19) sowie Andreas Arnoth (16), durchwegs aus Wiener Familien.
Am 4.8. dieses Jahres wurde Helga Lepsinger vor den Kadi gerufen. Als Zeugen erschienen aber nur Helmut Nigg und Andreas Arnoth. Ihre Ausagen waren (so Dillinger) etwas verwirrend, denn sie  verwechselten des öfteren die Namen der Beschuldigten. Auch hier wurde noch kein Urteil verkündet.
Am 3.9. nun sollte Erika Hebar vors Gericht zitiert werden, doch die Verhandlung wurde wegen Krankheit der Beschuldigten abgesetzt.
Neuerliche Termine wurden noch nicht festgesetzt, da Dillinger seine Mandantin Stellbogen als nicht  verhandlungsfähig attestieren ließ.
Verständlicher haben die Anschuldigungen die alte Dame  schwer mitgenommen, immerhin führte sie das Kinderheim Wimmersdorf schon cirka 50 Jahre. Und immer zur Zufriedenheit, wie sie beteuert. Oft kamen Eltern und dankten ihr, es gab nie zuvor Beschwerden von Kindern an ihre Eltern oder auch dritte Personen, regelmäßig kamen Vertreter der Gemeinde Wien (das privat geführte Heim hat einen Vertrag mit den Wienern), und der praktische Arzt Dr. Ferdinand Rieger aus Asperhofen zu Kontrollen. Auch Stellboges Tochter, die als Erzieherin im Kinderheim tätig gewesene Diplomfürsorgerim Erika Hebar sowie Helga Lepsinger, die das Büro führte, dementieren alle Vorwürfe und Anschuldigungen vehement.



29.8.1976 – Juli 1979



Der Grund, warum ich in das Heim musste:
Ich fragte meine Mutter, warum sie mich nach Wimmersdorf geschickt und ihre Antwort verwunderte mich: „Stephan, die Schule hat die Fürsorge verständigt, dass du immer nachmittags, wenn ich Dienst habe, allein bist und dadurch die Aufsichtspflicht nicht gegeben ist. Entweder ich gebe dich ins Heim oder ich kündige meine Arbeit, da es nicht angehe, dass eine alleinerziehende Mutter ihr Kind ordentlich versorgt. Die zweite Alternative wäre, dass ich heirate.“
Meine Mutter hat mir auch manchmal ein paar Ohrfeigen gegeben, aber die Misshandlungen wie in Wimmersdorf hat es zu Hause nie gegeben.

(Das waren also die „flippig-freien“ 1970-er Jahre, wie sie uns in “Wickie, Slime und Paiper“ vorgegaukelt werden! Heutzutage ist es fast schon die Norm, dass ein Elternteil ein oder mehr Kinder allein erzieht. Auch in der Nachkriegszeit waren alleinerziehende Mütter, deren Männer in Gefangenschaft oder gefallen waren, eher die Regel als die Ausnahme. Wenn „der Staat“ glaubt, eingreifen zu müssen, greift er meist in funktionierende Strukturen ein (Kommentar des Text Controllers, war selbst nie in einem Heim).


29.8.1976
An diesem mir ewig in Erinnerung bleibendem Datum begann mein Martyrium in der Kindervernichtungsanstalt Wimmersdorf. Meine Großmutter und meine Mutter brachten mich mit dem Auto nach Wimmersdorf. Es war ein Sonntag und wir wurden von einer liebenswürdigen, alten Dame durch das Haus geführt. Auf die Frage meiner Oma, wo denn alle anderen Kinder seien,  sagte die Dame, sie wären auf dem Sportplatz und spielten Fußball.  Meine Mutter und meine Oma stellten noch einige Fragen und die uns begleitende Dame meinte,  ich solle mich einstweilen auf den im Gang stehenden Sessel setzen, da sie mit meiner Mutter etwas zu besprechen hätte. So begann mein erster Tag im Heim Wimmersdorf…

Kurz darauf sollte ich erfahren, dass diese liebenswürdige Frau ein Inquisitor, Folterknecht und KZ-Wärter in Personalunion war.

Für ungeduldige LeserInnen, die Namen wissen wollen, greife ich etwas vor, und setze dann mit dem ersten Tag im Heim fort:

Die Personen des Lehrkörpers
Über die Eichinger Gertrude kann ich nicht viel sagen, sie hat zwar nicht geprügelt (soweit ich mich erinnern kann) aber sie hat geschwiegen, was ich ihr zum Vorwurf mache. Sie unterrichtete das Fach Werkerziehung.

Als nächste Frau Baumgartner Ingrid, eine sehr junge Lehrerin, die die Angewohnheit hatte, hysterisch zu schreien und mit Schlüssel und Linealen zu werfen sowie die Bestrafung auf die Herren  Soukup - den sie später ehelichte - und Kotter abzuwälzen. Einmal traf der Schlüsselbund einen Schüler mitten ins Gesicht, sodass er blutete. Sie unterrichtete Geographie und Deutsch, manchmal auch Englisch. Heute ist diese Person Direktorin an einer Wiener Schule - ob der Elternverein weiss, was sie für eine Lehrerin ist? Ich glaube es nicht, aber das kann man schnell ändern!
Diese nette Dame ist nicht einmal imstande, zu ihrer Vergangenheit Stellung zu beziehen, sie ist einfach nur peinlich feige wie alle TäterInnen.

Es gab auch noch den Lehrer Karl Hauer, er war ein sehr intelligenter Mensch, nur leider ohne Charakter. Er warnte die Schüler wenigstens, wenn er schlechte Laune hatte, denn da flogen schon mal Schlüssel oder Kreiden. Er behauptete auch immer von sich, dass er kein Antisemit sei, aber er erzählte immer die grausamsten Judenwitze. Ich erinnere mich noch an einige davon, doch ich will sie nicht wiedergeben. Er unterrichtete Geschichte, Deutsch und  Geographie.
Er hatte auch noch folgenden „coolen“ Ausspruch drauf: „Wenn’s deppert seid`s,  hau ich euch durch die zug‘machte Tür …“
Natürlich streitet er heute alles ab (siehe Mailverkehr mit diesem Subjekt).
Ein weiterer intelligenter Satz von ihm lautete: „Erwachsen werdet‘s erst, wenn’s die Kronenzeitung  nicht mehr beim Sport zu lesen beginnts, sondern bei der Politik“.
 

Dann gab es noch den Lehrer Soukup, der unterrichtete Sport und war laut meines Wissens der Interimsdirektor der Schule.
Er hatte eine besondere Art der Schülerdemütigung:
Er ließ uns mit Medizinbällen (!) Völkerball spielen und natürlich hatten die Kinder, die nicht so stark waren, das Nachsehen. Die Kräftigen gingen immer gegen die Schwächsten vor, was zu Lachanfällen des Lehrers führte und zu der Aussage „in einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist“; jedoch sein Geist war krank sein Körper gesund.

Der Pfarrer
Matthias Hofbauer von Johannesberg war unser Religionslehrer. Er war eigentlich ein recht umgänglicher Mensch, bis ich ihn fragte, was der Islam sei. Darauf prügelte er mich in die Kanzlei zur Specki und meinte, ich wolle von Gott abfallen und zum Islam wechseln.

Die darauf folgende Prügelorgie und Schreierei dauerte über eine Stunde und ich musste Strafe schreiben: 100 x die 10 Gebote und 100 x das Glaubensbekenntnis.
Wir mussten auch einmal im Monat bei diesem Pfarrer beichten und danach gab es ein Heiligenbild. Nach der Beichte mussten wir zu Tante Mimi in den 1. Stock gehen, uns dort zu einem Bett knien und mindestens 3 Vaterunser beten. Dauerte das Gebet in den Augen von Tante Mimi zu kurz, konnte das schon zu einem längeren „Strafknien“ auf dem Schotter vor dem Haus oder zum Knien auf Holzscheiten führen.

Die Erzieherinnen
Magarete Stellbogen: sie war eine harte, brutale Schlägerin ohne Gnade und ohne Verständnis für Kinder. Sie hatte immer nur die Kosten im Sinn und nie ein nettes Wort.

Erika Hebar: Sie war die Tochter von Frau Stellbogen und das Ebenbild ihrer Mutter, pervers und sadistisch

Helga Lepsinger:  Sie war die Tochter von Frau Stellbogen und das Ebenbild ihrer Mutter, pervers und sadistisch

Josef  Lepsinger: Er war ein versoffener, brutaler Schläger und hatte dienstlich nichts mit dem Heim zu tun, außer zu prügeln und die Außenarbeiten (Garten, Schneeräumung etc…) mit dem Gewehr zu sichern. Beruflich war er Vizebürgermeister von Asperhofen, zeitweise Pharmavertreter und Schriftsteller.

Waltraut Metznig: Sie war Lehrerin und hat oft zugeschlagen, ich hatte sie aber weder als Lehrerin noch Erzieherin. Auch sie war eine Tochter der Stellbogen

Tante Mimi: direkte Nachfahrin Adolf  Hitlers; brutal, sadistisch und unbeschreiblich grausam, um es in sehr knappen Worten auszudrücken.

Tante Maria: sie war wie ein Schleifer der Waffen-SS, gab kurze Befehle, die sofort umzusetzen waren.

Barbara Kreutzer: ein sadistisches, brutales Weib

Brigitte Haid: hätte die Schwester von der Barbara Kreutzer sein können

Clarissa Naar:  der einzige Mensch dort; sie hat nach einem Jahr gekündigt, da sie dem Druck der Heimleitung, die Zöglinge zu quälen, nicht nachgekommen ist.
Erzieherin X (ich kann mich an ihren Namen nicht erinnern): sie war nur 14 Tage im Heim tätig, und hat gekündigt mit der Begründung, dass sie keine KZ-Wärterin sei.
Zu dieser Dame möchte ich anmerken, dass sie in die Kanzlei gegangen ist und die Specki angeschrien hat: „Das ist kein Kinderheim, sondern ein Kinder-KZ und ich bin keine KZ-Wärterin!“ Dann hat sie türknallend die Kanzlei verlassen. Ich weiss das deswegen, weil ich wieder einmal vor der Kanzlei Strafe stehen musste und dass dies das einzige Mal war, dass ich die Specki sprachlos erlebte.


Der erste Tag im Heim
Einige Zeit später kamen meine Oma und meine Mutter wieder, um sich zu verabschieden. Sie sagten, dass ich hier bleiben müsse und dass ich in spätestens einem Monat Ausgang hätte und dann übers Wochenende nach Wien kommen könne. Meine Mutter und Oma verließen das Gebäude und ich stand mit meinem Koffer allein in diesem Gang. Nach wenigen Minuten ging die Tür der Kanzlei auf und die Direktorin Margarete Stellbogen stand in ihrer gesamten Leibesfülle vor mir. Ihre ersten Worte an mich lauteten: „Deine Nummer ist 64, die hast du dir zu merken. Wenn ich pfeife, ist alles stehen und liegen zu lassen und sofort der Mund zu halten, und du gehst jetzt in den ersten Stock in die Gruppe 2 und wartest auf die Erzieherin. Zuerst räumst du deinen Kasten ein, der sich hier befindet.“
Ich begann, meine Sachen in ein kleines weißes Kästchen einzuräumen und dabei bemerkte Frau Stellbogen, dass ich einige Bücher bei mir hatte. Sie sagte: „Zeig die Bücher her und die Naschereien kannst auch gleich abgeben, die werden von mir verteilt, wenn du brav bist.“
Als ich ihr antwortete, dass mir meine Oma die Süßigkeiten gegeben hatte, schlug sie mir mit der Hand einige Male kräftig ins Gesicht und schrie hysterisch, dass sie keine Widerworte akzeptiere und dass ich alles sofort abzuliefern hätte. Weinend übergab ich ihr die Naschereien und die Bücher, die sofort in ihrer Kanzlei verschwanden. Dann sollte ich die Hosentaschen leeren und dabei kamen noch 50 Schilling zum Vorschein, die sie auch an sich nahm, mit der Bemerkung, dass diese auf ein Sparbuch kämen. Zu diesem Zeitpunkt kam eine größere Gruppe Kinder in Zweierreihe und mit den Fingern auf  ihren Mündern auf den Gang und ging schweigend die Treppe hinauf. Die Erzieherin bemerkte mich und fragte die Direktorin, ob ich der Neue sei. Die Direktorin bejahte und bemerkte, ich solle einstweilen mit Tante Mimi mitgehen, bis meinen zuständige Erzieherin da sei. Ich ging mit Tante Mimi mit, um Bettwäsche und Schlapfen auszufassen.  Sie schaute mich an, wurde rot und schrie mich sofort an, wieso ich mich nicht in die Zweierreihe mit dem Finger auf den Mund anschloss. Ich folgte der Anweisung und dachte, wo bin ich hier gelandet, was sind das für Menschen. Schweigend landete ich dann in der Gruppe 1. Tante Mimi betrat die Gruppe und sagte zu einem Zögling, an dessen Namen ich mich leider nicht mehr erinnern kann, dass er mit mir zum Schwartz in die Wäschekammer gehen sollte, um mein Zeug zu holen.  Schweigend verließen wir die Gruppe und ich ging hinter dem Kind her. Er sagte leise, dass die Schreierei und die Schläge normal seien und dass ich mich vor der Specki1 und der Irxen2  in acht nehmen solle. Ich fragte nach, wer diese Personen seien und er erklärte mir,  Specki sei die Direktorin und Irxen ihre Tochter. Ich fragte ihn nach dem Tagesablauf  und er erzählte mir in kurzen Worten:
7.00 Uhr aufstehen, Zähne putzen, Betten machen,  Frühstück, Schule, Mittagessen, Lernstunde, usw. Angelangt bei Herrn Schwartz, wurden mir ein Paar Holzschlapfen und blaue Leinenturnschuhe ausgehändigt und mir meine eigenen Schuhe abgenommen. Diese wurden dann in einem separaten Schrank im Keller aufbewahrt. Danach bekam ich in der Wäschekammer Bettzeug,  Decke und Polster.
Zurück in Gruppe 1, zeigte mir Tante Mimi den Schlafsaal der Gruppe 2 und zeigte mir mein Bett, das ich sofort machen solle. Ich wusste nicht, wie das ging, da meine Mutter bis jetzt immer mein Bett bezogen hatte.

Das werden wir gleich üben, sagte sie, und ich stand zwei Stunden da und überzog mein Bett wieder und wieder, doch nie zur Zufriedenheit der Erzieherin. Es wurde ein Kind der Gruppe 4 dazu abkommandiert,  mich zu beaufsichtigen. Jedes Mal, wenn es nicht gepaßt hat, hat mir der Aufpasser eine ins Kreuz gedonnert und dabei hämisch gelacht. Auf einmal schrie eine Frau durchs ganze Haus: „Pitorelli zu mir in die Kanzlei!“
Da das nicht mein Name ist, habe ich nicht reagiert, denn mein Name lautet anders. Keuchend kam die Specki bei der Schlafsaaltüre herein und schrie, ob ich nicht hören könne und wieder schlug sie kräftig zu.
Ich begann zu weinen, was sie anspornte, noch kräftiger zuzuschlagen. Sie zog mich an den Haaren in die Kanzlei, wo sich eine weitere Person, die mich auch gleich anbrüllte, befand. Ob ich nicht gehört habe, wie ihre Mutter mich gerufen habe. Ich antwortete darauf,  dass ich nicht Pitorelli sondern P.  heisse, was mir noch ein paar saftige Ohrfeigen einbrachte. Ich mußte mich auf einen Stuhl setzen und mir wurde gesagt, dass eine Inventarliste meiner Gegenstände angefertigt werden musste.  Alles wurde in einer Liste vermerkt, nur meine Bücher nicht. Danach musste ich noch einige Fragen beantworten, wie religiöses Bekenntnis und Geburtsdatum, dann holte mich die Erzieherin der Gruppe 2 ab und brachte mich in den Speisesaal zum Abendessen. Dort mußte ich mich schweigend auf eine Bank setzen,  es gab Wurstbrot mit Gurkerl und Tee aus einem Blechnapf. Nach dem Essen stellte mich Tante Barbara der gesammelten Mannschaft vor und dann  mussten wir die Tische abwischen und den Boden aufkehren.
Danach ging es wieder im Sprechschluss3 hinauf in die Gruppe, wo einige Tische standen, an die wir uns setzen mussten. Ich begann mich mit meinem Tischnachbarn zu unterhalten, was mir mein erstes „Stricherl“ 4 von vielen einbrachte,  da Sprechen und Spielen noch nicht erlaubt war, sondern nur stille Beschäftigung.
Das war für mich einen interessante Erfahrung:  Bücher werden weggenommen, Spiele gibt es nicht, reden darf man nicht, also was tun?
Heute weiß ich es: still sitzen und hoffen, dass sich die Gewalt nicht an einem entlädt.
So gegen 19.30 Uhr gingen wir in den Waschraum, um uns die Zähne zu putzen und zu waschen, um 20.00 Uhr waren alle im Bett und ich weinte mich in den Schlaf - nicht zum letzten Mal.

Am nächsten Morgen wurden wir so gegen 8.00 geweckt, da ja noch keine Schule stattfand (es war August).
Es wurde mit freundlichen Worten dreimal ins Pfeiferl5 geblasen und rumgebrüllt:  „Aufstehen ihr faules Gesindel, geht‘s euch waschen, ihr Schweine“. Wir mussten in einer Reihe vor den Waschbecken antreten, die Zahnbürste in der rechten Hand, um dann von der jeweiligen Erzieherin ein Patzerl Zahnpasta auf die Zahnbürste zu bekommen; 3 Minuten Zähneputzen, danach den Oberkörper und die Hände waschen, anziehen und Bettenbauen. Dies wurde streng kontrolliert, eine Münze mußte auf dem Leintuch springen.
Diese Kenntnisse haben mir später beim Bundesheer sehr genützt. Einer der damaligen Ausbilder fragte mich, wo ich das gelernt hätte! Als ich das KH Wimmersdorf  erwähnte,  wurde er still und sagte nur,  dass ihm dies Leid täte.
Danach ging es zum Frühstück - natürlich wieder im Sprechschluss - in den Speisesaal, wo wir Brot mit Marmelade und wieder Tee aus dem Blechnapf  bekamen.  Danach wieder Tische abwischen und den Speisesaal kehren…
Danach hieß es, dass wir einen Spaziergang machen und dazu die blauen Leinenschuhe anziehen müssen.
Dann im Hof antreten, wieder kam das Pfeiferl zum Einsatz. Finger auf den Mund und ab durchs Dorf !
Auf dem Weg durchs Dorf durfte kein Wort fallen, da sonst die Strafmaschinerie mit voller Härte zugeschlagen hätte. So etwa 500 Meter nach dem Dorfende bog ein Feldweg nach rechts ab. Dort durften wir den Finger vom Mund nehmen und uns unterhalten und aus der Reihe gehen. Ein Kind hob einen Stock auf, darauf ertönte das Pfeiferl und wir mussten wieder in Zweierreihe gehen. Der Junge, der den Stock aufhob, durfte zur Belustigung der Erzieherin den Finger auf den Mund legen und mit der Hand ab der Hosennaht neben ihr gehen.

Als wir nach einer Stunde am Waldrand ankamen, durften wir uns etwas freier bewegen, aber die Maxime lautete „nicht zu laut, ansonsten wieder Zweierreihe.“  Derjenige, welche den Stock aufgehoben hatte, musste neben der Erzieherin in Habtachtstellung in der prallen Sonne stehen. Nach rund einer Stunde machten wir uns auf den Rückweg, dasselbe Prozedere wie immer:  ab Dorfanfang wieder Zweierreihe und Sprechschluss.

Nach Eintreffen im Heim wie immer Händewaschen, Holzschlapfen anziehen und ab in den Speisesaal; wieder still sitzen, vor dem Essen beten und für die Gaben danken und den Fraß hinunterwürgen.
Wieder zusammenkehren und Tische abwischen, danach durften wir auf den Sportplatz gehen.
Die Erzieherin nahm das obligatorische Stricherlheft in die Hand und las die Namen und die dazugehörigen Stricherl vor. Jedes Stricherl bedeutete,  dass man 30 Minuten stramm stehen musste, mit den Händen an der Hosennaht. Durch mein Vergehen vom Vortag durfte ich mein erstes Stricherl von vielen abstehen. Nach der Sportstunde am Fußballplatz gab es wieder stille Beschäftigung in der Gruppe, danach Abendessen und den ganzen Trott von vorne.

Etwas Abwechslung kam dann, als die Schule anfing.  Ich kam in die Klasse 1d neben der Kanzlei, mein Klassenvorstand hatte den Namen Eduard Kotter. Er war – für uns - ein Riese, 180 cm groß und so um die 130 Kilo Gewicht, mit Händen so groß wie Klodeckel. Er unterrichtete die Fächer Mathematik, Physik, Englisch, Chemie und Musik. Er hatte die Angewohnheit, Schüler mit sogenannten Kopfnüssen zu bestrafen und ich hatte öfter die Ehre, solche von ihm zu bekommen. Die Begründungen für diese Bestrafungen waren meistens unverständlich, z.B. Fragen zu stellen oder etwas nicht verstehen oder aufs WC zu müssen. Im Unterricht zu sprechen bedeutete meistens, 10 x 40 Zeilen zu schreiben. Wurden diese am nächsten Tag nicht abgegeben, wurde die Strafe verdoppelt, also 20 x 40 Zeilen. Des weiteren gab es auch noch 10 Zapfenrechnungen6, natürlich dreistellig. Die meisten von uns schrieben die Strafen vor, um nicht in den Genuß der Verdopplungen zu kommen.
An einen Vorfall mit dem Fachlehrer Kotter kann ich mich noch sehr gut erinnern. Er fragte einen  kleinen zierlichen Schüler - das weiß ich noch ganz genau – nach dem Pythagoreischen Lehrsatz.
Er stotterte und auf einmal wurde der Schüler von hinten am Hemdkragen hochgehoben und etwa 3 Minuten so gehalten. Danach gab es eine gewaltige Kopfnuß und der Schüler war ungefähr 10 Minuten bewusstlos. Ich sagte dem Herrn Fachlehrer Kotter,  dass er ein feiges Arschloch sei und trat ihm den Sessel in die Kniekehlen, dass er strauchelte. Als Folgen dieser Tat schleifte er mich in die Kanzlei, wo er mir die Nase blutig schlug und ich dann die volle Wucht des Besenstiels von der Direktorin abbekommen habe, bis er brach und ich einige Tage nicht mehr sitzen konnte.
Das waren die schlimmsten Prügel, die ich in dieser Institution jemals bekommen habe und wochenlanges Strafeschreiben, dass ich die Autorität der Lehrer und Erzieher nicht zu untergraben habe. Meine Mutter wurde von diesem Vorfall telephonisch in Kenntnis gesetzt, es gab drei Monate Ausgangsverbot. Zum Glück bin ich nach meiner Entlassung diesem Lehrer nie mehr begegnet, da ich nicht weiss, wie ich reagiert hätte.

Weitere Strafmaßnahmen waren das Stehen in der Halbhocke, bis zum Umfallen:
Wenn das nicht reichte, gab es auch noch Bücher auf die ausgestreckten Hände, dies dauerte auch meistens bis zum Umfallen. Zeitweise konnte diese Bestrafung über die gesamte Länge einer Unterrichtseinheit ausgedehnt werden.



Einige Anekdoten aus der Schule
Beim Musikunterricht kam der Fachlehrer Kotter manchmal mit seiner Hammond-Orgel in die Klasse und wir durften Lieder singen. Wenn jemand falsch sang oder den Text nicht konnte, artete das immer in eine Straf- und Prügelorgie aus. In der 2. und 3. Klasse waren einige im Stimmbruch, die hatten natürlich furchtbar darunter zu leiden.

Im Physikunterricht nahmen wir den absoluten Nullpunkt durch und ich wagte es, den Herrn Fachlehrer zu fragen, ob es auch nach oben eine Temperaturgrenze gäbe. Die Antwort war sehr aufschlußreich: „des brauchst ned wissen, du wirst eh nur Hilfshackler, du Trottel!“
Heute frage ich mich, ob er die Antwort gewußt hätte, aber ich denke nicht. Dazu hat es ihm an Intellekt gefehlt, er war einfach nur ein brutaler, dummer Schläger.
Es gab noch einige andere dieser superintelligenten Sprüche dieses Lehrers, z.B.
„eines rat‘ ich dir, bade nie in H2SO4“ -  nur leider hat er es nicht geschafft, die Formel von Schwefelsäure abzuleiten, das musste ihm ein Schüler erklären. Ob er das jemals verstanden hat?

Auch lustig war es, wann er einem zum Geburtstag gratulierte. Herr Fachlehrer Kotter hatte einen Händedruck, dass man in die Knie ging und meistens zu weinen begann, weil man glaubte, die Hand sei in einem Schraubstock.

Da ich immer Bücher gelesen habe, um mich aus der Welt zurückzuziehen, in die ich da geraten war. Ich las Herman Hesses „Narziß und Goldmund“, doch dieses Werk wurde bei mir im Unterricht gefunden und sofort beschlagnahmt. Die Direktorin zerriß dieses Buch und ließ es mich in den Küchenofen werfen. Es war leider nicht das einzige Werk, das diesen traurigen Weg antreten musste, da Bücher verpönt waren.
Mir kam damals der Gedanke „ich übergebe Herman Hesse dem Feuer“ - heute weiss ich, dass diese Praktiken, die in dieser Schule gelehrt und praktiziert wurden, noch aus dieser dunklen Zeit stammten.

„Was ist NaCl“, schrie der Lehrer durch die Klasse, die Antwort kam nicht schnell genug und schon hatte ein Schüler in der ersten Reihe die Schweinsledertasche im Gesicht. Diese Frage war an keinen bestimmten Schüler gerichtet, sondern diente nur zum Frustabbau des Lehrers.

Heftkontrolle war auch ein probates Mittel, um die karge Freizeit noch ärger zu beschneiden.
Der Klassenvorstand überprüfte die Hefte aller Fächer, und wenn sie ihm nicht gefielen, wurden sie einfach zerrissen und waren bis zum nächsten Tag nachzuschreiben. Diese Arbeiten konnten manchmal bis in die Morgenstunden andauern und wurden akribisch von der Specki überwacht.
Geometrisches Zeichnen bestand zu 80 % aus Normschriftblättern der Größe A3.
Dieses Fach unterrichtete natürlich auch unser Fachlehrer Kotter, sowie das Fach Schönschrift (Kurrentschrift). Seltsamerweise tauchte dieses Fach nie im Zeugnis auf, dasselbe galt für die Kurzschrift (Stenographie).
Dann gab es noch die ominösen Freigegenstände Englisch und Chor, für die ich mich nie gemeldet habe, aber trotzendem daran teilnehmen musste.

Lernstunde
Da wir auch Aufgaben von den diversen Lehrern bekommen haben, mussten wir nach dem Mittagessen wieder in die Klassen gehen, um diese zu erledigen. Diese Arbeiten wurden von den Erzieherinnen überwacht, doch dabei kam es oft zu schweren Übergriffen seitens der Erzieherinnen. Wer beim Tratschen oder Abschreiben erwischt wurde, musste seitenweise Gedichte auswendig lernen und andere sinnentleerte Tätigkeiten ausüben. Zum Beispiel das Geographie- oder Geschichtsbuch seitenweise auswendig lernen. Hatte man eine Frage zu einer Aufgabe, gab es meist die Antwort, man hätte im Unterreicht aufpassen sollen. Wieder gab es Prügel ohne Ende, besonders brutal wurde es, wenn sich die Frau Direktor in ihrer Mittagsruhe gestört fühlte. Dann ist sie in ihrer ganzen Leibesfülle in die Klasse gekommen und hat die Aufsicht selbst übernommen.
Dabei ist sie durch die Reihen gegangen und wenn man einen Fehler im Heft hatte, musste man aufstehen, die Hände vorstrecken und bekam mit dem aufgestellten Lineal auf die Finger geschlagen. Wenn man wegzuckte, musste diese Prozedur wiederholt werden, ich selbst trage heute noch Narben auf meiner Hand von diesen Praktiken. Wenn man auf die Toilette musste,  musste man aufzeigen und fragen, ob man austreten dürfte. Wenn man Glück hatte, hieß es, in einer Minute bist du wieder da. Diese Zeit sollte man besser nicht überschreiten, denn das bedeutete „Lineal“ oder Strafe schreiben. Zum Ende der Lernstunde wurden einzelne Schultaschen kontrolliert.
Dies bedeutete, alles auszuleeren und die anwesende Erzieherin hat alles durchgesehen.
Haben ihr Hefte nicht gefallen, wurden sie in der Mitte durchgerissen und Neuschreiben in der Kanzlei war wieder einmal angesagt. Ein Buch, das nicht in die Tasche oder ins Bankfach gehörte, wurde eingezogen. Noch schlimmer waren Comics, Bravo oder Rennbahnexpress, die waren natürlich auch verboten. Wer mit einer solchen Zeitung erwischt wurde, musste diese in den Keller oder in die Küche zum Verbrennen bringen, bekam Prügel von der Erzieherin und meist auch noch von dem Zögling, dem sie gehörten, da diese Zeitschriften natürlich die Runde machten.
Manchmal wurden Comics toleriert, manchmal nicht, es kam ganz auf die Laune des Erziehungspersonals an.


Unsere karge „Freizeit“, wenn man diese so nennen darf
Spazierengehen durchs Dorf, Sprechschluss, und wenn es gut lief, auf den Feldwegen ein bisschen frei laufen und sprechen. Wenn es schlecht lief, Zweierreihe und Finger auf den Mund. Diese Märsche dauerten im Schnitt zwischen einer bis fünf Stunden, bei praller Sonne oder aber klirrender Kälte. Getränke im Sommer bei der Hitze gab es nicht, und wer austreten musste, musste warten, bis man wieder im Heim war. Es war natürlich verboten, in die Wiese bzw. an einem Baum zu urinieren. Manchmal blieb die Gruppe in Zweierreihe vor dem Gasthaus stehen und zwei Zöglinge durften für uns alle etwas kaufen, das kam aber sehr selten vor.


Kirchgang
Der Kirchgang war etwas Besonderes. Zuerst musste man das Sonntagsgewand aus dem Keller holen, das fürchterlich nach Naphthalin stank. Am Vorabend des Kirchgangs mussten wir unsere Sonntagsschuhe putzen. Zuerst wurden mit der Kotbürste die Schuhe von Dreck befreit, danach wurden sie mit Schuhpaste eingecremt. Nach 10 Minuten wurde mit der Bürste poliert, dann wieder warten, dann mit dem Tuch nachpoliert und die Schuhe zur Kontrolle hergezeigt.
Hat es nicht gepaßt, flog der Schuh ins Gesicht und das Ganze wurde von vorne durchgeführt.
Übrigens musste man nüchtern in die Kirche gehen! Ob es geregnet oder geschneit oder die Sonne gebrannt hat,  jeden Sonntag waren so um die 4 Kilometer in die Kirche zu gehen.
Da so viele Kinder unterwegs waren, war Sprechschluss an der Tagesordnung und Eiltempo angesagt. In der Kirche angelangt, mussten wir uns still auf die Bänke setzen und der Andacht lauschen und natürlich mitsingen. Wer nicht genug gesungen hat, konnte sich auf einen gewaltige Strafpredigt im Heim von der Specki und der Tante Mimi anhören. In der Kirche wurde akribisch von den Erzieherinnen das Stricherlheft geführt, denn die Sonntagsstricherln zählten doppelt.
Sie mussten  noch am selben Tag abgestanden werden!
Nach dem Kirchgang ging es im Eiltempo wieder zurück ins Heim, wo das Frühstück auf uns wartete, meistens Kakao und eine Semmel. Wenn man Glück hatte, gab es Marmelade- oder Buttersemmeln, was auch sehr selten vorkam.
An einem dieser Kirchgänge fuhr fast ein PKW in die letzte Gruppe der Zöglinge. Die Konsequenz des Beinahe- Unfalls war, dass wir bestraft wurden, weil wir den armen KFZ-Lenker behindert hätten.


Beschäftigung in der Gruppe
Im Gruppenraum durfte nur leise gesprochen, werden da man ja sonst die Ruhe der Erzieherinnen störte. Das führte zu massiven Strafen wie Schreiben, Eckestehen oder der berühmt berüchtigten „Lippenwatschen“7.
Auch gab es ein paar Spiele, wie Dame, Quartett oder Mensch-ärgere-dich-nicht, die aber zum Teil unvollständig waren.


Die Sportplätze
Es gab einen großen und einen kleinen Sportplatz.
Auf dem kleinen durften wir manchmal auch ohne Aufsicht Fußball oder Völkerball spielen.
Seine Größe betrug ungefähr ein Viertel eines richtigen Fußballplatzes und war mit einem hohen Bretterzaun umgeben. Er grenzte an das Nachtbargrundstück, das der Tochter von der Specki gehörte. Wenn ein Ball über den Zaun flog, hatte das immer dasselbe Nachspiel: man musste ein Bittgesuch einreichen, um den Ball zu holen. Flog er in ein Blumenbeet der Anlage, war es gelaufen, der Ball wurde eingezogen und man musste das Blumenbeet wieder herrichten. Auf dem kleinen Sportplatz waren manchmal auch Zigaretten versteckt, um heimlich eine zu rauchen.
Eines Tages wurde der Sohn von der Tante Helga mit einigen anderen Zöglingen beim Rauchen erwischt. Darauf verständigte sie ihren Mann und alle Zöglinge mussten sich im Hof versammeln und sich im Kreis aufstellen. Herr Lepsinger verdrosch daraufhin seinen Sohn und die Zöglinge vor aller Augen, was er mit sadistischer Freude und Brutalität tat. Dieser Herr wurde auch immer geholt, wenn die Erzieherinnen des Schlagens müde waren oder der Situation nicht Herr wurden. Eine Geschichte zu diesem Herrn gibt es noch: die stärksten Schüler wurden auch manchmal zu Bauarbeiten herangezogen, ich gehörte einmal so einem Kommando. Ich weiss noch, dass wir ein Fundament ausschachteten und besagter Herr mit einem Gewehr auf dem Vordach stand und sagte: „Wenn jemand davonläuft, erschieße ich ihn!“
Damals dachte ich mir, davonlaufen, ein Schuss, und das Grauen hat ein Ende! Erlösung von diesem Grauen, ich dachte des öfteren über Suizid in dieser Anstalt nach, um Frieden zu finden.

Der große Sportplatz
Dieser Sportplatz war ein großer Fußballplatz, gesäumt von Pappeln, und in der näheren Umgebung gab es einige Bänke und große Bäume. Beim Sportplatz mussten wir in Einserreihe antreten und das Stricherlheft kam zum Einsatz. Für jedes Stricherl gab es 30 Minuten stehen und ich habe mehrere Zöglinge im Sommer ohnmächtig zusammenbrechen sehen. Wenn ich nicht Strafe stehen musste, zog ich mich auf eine Astgabel zurück, um auf dem Baum zu lesen. Manchmal gefiel dieser Anblick den Erzieherinnen nicht und sie zwangen mich, Fußball zu spielen, was mich zu keiner Zeit interessierte. Da mich die Mannschaften nicht wollten (ich war nicht besonders sportlich), bekam ich meistens den Posten im Tor, wo ich dann mit voller Wucht abgeschossen wurde. Wenn ich den Ball ins Tor einließ, bekam ich nachher Prügel von den Lieblingen der Specki - den Sportlern…
Im Winter durften wir manchmal neben dem Sportplatz den Hügel hinunterrodeln oder wer Ski hatte, auch mit diesen hinunterrutschen. Da ich sehr gut rodeln konnte, wurde ich immer dazu abkommandiert, mit den kleinen Schülern aus der Gruppe 1 zu rodeln und aufzupassen, dass kein Unfall passierte. Leider ist einmal einer dieser Kinder in einen Baum gefahren und hatte sich an der Nase verletzt und ich musste dann wieder einmal die ganze Nacht in der Toilette neben der Kanzlei Strafe stehen, da ich nicht aufgepasst habe. Am nächsten Tag war natürlich wieder Schule …


Der Hof
Der Hof bestand aus vier Kiesfeldern, die von Betonwegen umschlossen waren. Diese mussten penibel saubergehalten werden. Wenn es dem Personal gefiel, setzten sie sich auf die im Hof stehenden Bänke und ließen uns im Kreis laufen. Da gab es drei Versionen:
  • die einen mit den Händen an der Hosennaht
  • die zweite mit den Händen auf dem Rücken
  • die dritte mit dem Finger auf dem Mund.

Strafverschärfend gab es noch die Möglichkeit, die Strecke im Kniegang zu bewältigen. Weiters wurde dieser Platz auch als „Morgenturnplatz“ verwendet. Stundenlang mussten wir den Hampelmann spielen und bis zu 300 Kniebeugen und Liegestütze machen. Manchmal mussten alle Schüler im Hof antreten, die Specki baute sich in der Mitte mit ihrer Ziehharmonika auf und wir mussten stundenlang in der prallen Sonne Lieder singen. Meistens bekamen wir dann auch die gutgemeinten Ratschläge zu hören, etwa so „wo gesungen wird da lass dich nieder, böse Menschen haben keine Lieder“. In dieser Einrichtung habe ich gelernt, dass dies nicht stimmt…
„Mit geputzten Schuhen kommt man durchs ganze Land“, und noch etliche solcher dummen Sprüche. Dieser Hof wurde auch als Sommerbad genutzt, es gab dort zwei Betonringe, die aus dem Brunnenbau stammten. Diese wurden mit Wasser gefüllt und man durfte sich reinstellen und einmal untertauchen, doch danach musste man auf den Wegen laufen, bis man trocken war.


Die Waldschule
Die Walschule war ein Ort voll harziger Pritschen, gesäumt von Nadelbäumen, und dort mussten wir manchmal die Mittagsruhe halten, mit totalem Sprechverbot.  Dieser Ort wurde meistens dazu benutzt, wenn das Personal unterzählig war, um einige Gruppen ruhig zu stellen. Meistens hatte Tante Mimi dort die Aufsicht, und wer aus der Reihe tanzte, kam in den Genuss, stundenlang zu stehen, zu knien oder zu beten.


Der Baderaum
Einmal in der Woche durften wir uns im Keller im Duschraum waschen. Das spielte sich so ab, dass zuerst ein Waschbecken mit warmem Wasser eingelassen wurde. Dann durfte man sich für ein paar Sekunden unter die Dusche stellen, den Kopf nass machen und danach zur Aufsichtsperson, um Haarshampoo abzuholen, dann den Kopf einschäumen, danach zum Waschbecken, um sich den Körper mit dem Waschlappen zu säubern. Danach den Kopf ins Waschbecken tauchen, um den Schaum abzuwaschen. Hinterher ging es zur Aufsichtsperson, welche die Reinlichkeit überprüfte.
Dies war das am meisten erniedrigende Ritual dieses Gefängnisses. Zuerst wurden die Hände, der Hals und die Ohren kontrolliert, doch danach musste man sich die Vorhaut zurückziehen und die Erzieherin schaute ganz genau hin. Wenn das Glied sich regte, konnte es passieren, dass die Erzieherin mit dem Lineal oder dem Kochlöffel mehrmals auf das Glied schlug und dabei hämisch lachte oder anzügliche Bemerkungen machte. Eine besonders ekelhafte Erzieherin war die Irxen, die sich während der Schwanzbeschau mit dem Lineal selbst befriedigte. Nach dieser Erniedrigung wurde unser Kopf in das erste Waschbecken getaucht, das mit Essigwasser gefüllt war.
Den Grund für den Essigzusatz kenne ich bis heute nicht. Wenn einer der Zöglinge nach der „Fleischbeschau“ - so nannte Tante Barbara das Duschen- nicht sauber genug war, schlug sie mit dem nassen Handtuch auf das Glied und auf das Gesäß. Ich kann mich auch noch daran erinnern, dass einige Zöglinge gestürzt sind während dieser Prügelorgien und sich verletzten (Platzwunden, aufgeschlagene Knie und andere Verletzungen).


Der Schlafsaal
Im Schlafsaal standen mehrere Stockbetten und bei jedem Bett gab es zwei kleine Kästchen, in welchen wir unsere persönlichen Dinge und unser Waschzeug aufzubewahren hatten. Leider konnten wir die Kästchen nicht absperren, daher kam es immer zu Diebstählen von Süßigkeiten, Zahnpasta (wenn man privat eine solche besaß), auch Bücher und anderer Dinge.
Wenn man sich bei der Erzieherin oder der Specki über das Abhandenkommen von Eigentum beschwerte, wurde immer gesagt, dass man besser aufpassen solle und nicht geizig sein dürfe. Deshalb trugen die meisten ihre Habseligkeiten immer in einer Tasche mit sich herum.

Der Bettenbau war auch sehr aufschlußreich: zuerst das Bett aufdecken, das sogenannte Lüftungsbett(!), danach raus in den Waschraum, zum Zähneputzen, Gesicht- und Händewaschen. Kontrolle durch die Erzieherin, danach Bettenbau, Kontrolle desselbigen, und wenn es nicht gepasst hat, wurden die Betten zerlegt. Sprich: die Matratze auf den Boden geschmissen und neu machen, bis es paßt! Frühstück versäumt, hungrig in der Schule  - das Saubermachen wurde so eingeteilt, dass immer ein Zögling Schlafsaaldienst hatte, was bedeutete: Aufkehren und mit einem Tuch den Boden polieren – und natürlich - wieder Kontrolle.
Einmal im Monat musste der Boden mit einer Politur poliert werden, wozu ein schwerer, mit Filz bespannter Eisenklotz in den Raum verfrachtet wurde. Dieser mußte von einem Zögling bedient werden, bis man sich auf dem Boden spiegeln konnte. Der Boden war danach so glatt, dass man nicht  darauf gehen konnte, ohne zu auszurutschen. Es gab öfter Sturzverletzungen am Abend, wenn wir in die Schlafsäle geschickt wurden.
Selbstverständlich musste absolute Ruhe herrschen, diese wurde von sogenannten „Aufbleibern“ überwacht.  Dies war eine Sondertätigkeit, die besonders an Zöglinge vergeben wurde, die in der Gunst der Erzieherinnen und der Specki standen. Dieser Dienst dauerte bis 22.00 Uhr, und wenn jemand beim Tratschen, Lesen oder Radiohören erwischt wurde, musste derjenige auf dem kalten Steinboden ohne Schlapfen stehen – meistens solange, bis die Specki schlafenging.
Das konnte auch schon bedeuten, bis 3.00 Uhr morgens. Natürlich war auch der Toilettengang in der Nacht verboten, denn das hatte man vorher zu erledigen. In einem separaten Schlafsaal waren die Bettnässer untergebracht, diese wurden in der Nacht von der diensttuenden Erzieherin geweckt, um ein Medikament zu nehmen und die WC-Anlage aufzusuchen. Wenn am Morgen das Bett trotzdem nass, war droschen die Erzieherinnen mit nassen Leintüchern auf die Zöglinge ein, was natürlich auch zur Belustigung der anderen Zöglinge diente. In diesem Falle würde mich interessieren wer die Medikamente verschrieben hat und vor allem, WAS das für Medikamente waren. Oder waren diese armen Geschöpfe etwa Versuchskaninchen?
Einer unserer Mitzöglinge hieß Marschall und war schwerer Epileptiker, der manchmal Anfälle hatte. Die Erzieherinnen kamen meistens zu dritt und prügelten die arme Seele in die Kanzlei. Da meine Mutter diplomierte Krankenschwester ist und im AKH Wien auf der Psychiatrie arbeitete, konnte ich das Anfallsleiden einordnen, weil ich solche Menschen im AKH gesehen hatte. Das schlimmste daran war, dass die anderen Mitzöglinge diese arme Seele gepiesackt und gequält haben. Die Direktorin hat ihm übrigens einen eigenen Namen gegeben: Positrino
In meinem Schlafsaal gab es auch ein Zögling mit dem Namen Dantinger, der mit Marschall befreundet und sehr adipös war. Diesem wurde das Essen rationiert und er musste extra Sportübungen durchführen. Mehrmals brach er während dieser Übungen zusammen, und als er wieder einmal am Boden lag, drosch eine der Erzieherinnen mit einem Stock auf ihn ein. Dabei platzten die Haut und der Muskel am Unterschenkel auf, sodass er fürchterlich zu bluten begann. Die Erzieherin hörte nicht auf, auf  ihn einzudreschen, bis sich eine grosse Blutlache um ihn gebildet hatte. Als sie merkte, dass die Verletzungen ernst waren, nahm sie ein Handtuch und band den Fuß ab. Die Rettung wurde verständigt und er kam ins Spital, doch wir haben ihn nie wieder gesehen. Auf Nachfragen wurde mir gesagt, dass er in ein anderes Heim verlegt wurde, doch ob das stimmt, kann ich nicht sagen.


Die Speisesäle
Es gab den großen und den kleinen Speisesaal, der große Speisesaal wurde auch als Turnsaal und Kinovorführraum verwendet. In diesem befanden sich eine Sprossenwand und eine Leinwand, wobei  die Reinigung derselben von den Zöglingen durchgeführt wurde. Im Speisesaal wurden das Mittag- und Abendessen eingenommen, auch da gab strikte Regeln. Bei einem dreiteiligen Essen, also z.B. Reis, Salat und Fleisch, musste so gegessen werden, dass immer alle drei Komponenten bis zum letzten Bissen vorhanden waren. Wer das Fleisch vor dem Reis gegessen hat, musste  Strafe stehen! Der durchschnittliche Speiseplan bestand aus Erdäpfeln mit Grammeln, Nudeln in Milch gekocht, Grieskoch, Milchreis, Leber, fettem Schweinefleisch mit Borsten darauf, verbranntem Leberkäse und paniertem Fisch, der meistens ranzig war. Ich habe zum Beispiel Kartoffelpüree, Mohnnudeln und Bröselnudeln nicht vertragen. Wenn ich nicht aufessen konnte, wurde mir das Essen am Abend und am folgenden Morgen zum Frühstück wieder serviert, da ich ja dankbar sein sollte, dass ich überhaupt etwas zu essen bekomme, da „in Biafra die Kinder verhungern“. Das Essen war bis auf einige Ausnahmen ungenießbar, doch Buchteln mit Vanillesauce waren eine Ausnahme. Manchmal bezahlte ich Zöglinge, um meine Portion des verhassten Essens zu essen, um nicht Strafe stehen zu müssen.
(Anm. des Text Controllers: krank, einfach krank so etwas!)
Bei einem Besuch im Jahre 2011in Asperhofen waren wir auch beim dorfansässigen Bäckermeister, der bereit war, über die Brotlieferungen an das Kinderheim Wimmersdorf zu berichten: „Mein Vater durfte damals nur altes Brot dort abliefern, da es billiger war als das frische. Was ich sonst noch weiss, wenn wir kein altes Brot hatten, wurden die anderen Bäcker in der Umgebung ersucht, altes Brot zu liefern. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch Kind und mir haben die Kinder leid getan, die dort waren.“

Während meines gesamten Heimaufenthaltes wurden zwei Filme im Speisesaal gezeigt:
„Hathari“ (mit John Wayne) und ein Laurel und Hardy-Film, an den ich mich nicht mehr erinnern kann, da ich und einige andere Zöglinge mit dem Rücken zur Leinwand Strafe stehen mussten. Während des Nachspanns durften wir uns gnadenhalber wieder umdrehen.


Der kleine Speisesaal
Der kleine Speisesaal wurde genutzt, wenn die meisten Zöglinge auf Ausgang waren und es zuviel Arbeit machte, den großen Speisesaal aufzusperren. In diesem Raum befanden sich auch ein altes TV-Gerät (schwarz-weiß!) und ein Tischtennistisch. Dieser durfte von besonderen Zöglingen manchmal benutzt werden, um sich manchmal eine Sportübertragung anzusehen.
Die weitere Nutzung dieses Raumes war Strafeschreiben, wenn die Anzahl der strafeschreibenden Zöglinge zu gross wurde.


Die Kanzlei (= Direktionszimmer)
Die Kanzlei bestand aus zwei Räumen - einem Privatraum  und einem Arbeitsraum. In diesem befanden sich ein riesiger Schreibtisch sowie ein Aktenschrank, in welchem die Akten und die den Zöglingen abgenommenen Gegenstände verwahrt wurden, so sie nicht vernichtet wurden. Im hinteren Teil stand noch ein kleiner runder Tisch, an welchem wir die Hefte nachschreiben mussten und auch andere diverse Strafarbeiten bis weit nach Mitternacht absolvierten.
Eine besondere Ehre war der Kanzleidienst, da durfte man bis 12.00 Uhr aufbleiben und musste die „Aufbleiber“ nach Vorkommnissen befragen. Eine der Aufgaben des Kanzleidienstes war es auch noch, die Specki zu bedienen (Tee holen, etc…) und sich ihre Lebensweisheiten anzuhören. Manchmal sprach sie auch von ihrem verstorbenen Mann, und bevor man aus diesem Ehrendienst entlassen wurde, durfte man sich eine Praline nehmen. Danach durfte man die Specki ins Bett bringen, das sich im ersten Stock befand. Dabei musste man das Schlüsselkörbchen wie eine Trophäe vor sich hertragen.

In dieser Kanzlei haben sich Tragödien abgespielt. Ich kann mich noch erinnern, als Rudi P. zu spät vom Ausgang zurückgekommen war. Es begann eine Prügelorgie und das Grausame daran war das Blut, das vom Kasten heruntergeronnen ist. Nicht einmal das konnte diese Damen stoppen!

Ernst P. kam vom Ausgang zurück und hatte ein Flinserl im Ohr, das die Specki bemerkte.
Sie schrie nur: „Gib des aus dem Ohrwaschel oder I reiss da des mit dem Zangel ausse!“
Meistens waren aus der Kanzlei nur Gebrüll und das Klatschen des Lineals auf die Finger der armen Zöglinge zu hören.


Die Küche
Die Küche bestand aus zwei Räumen. In einem war der grosse Holzofen, die Abwasch und einige Arbeitsflächen, im anderen Raum waren Vorräte und ein großer Arbeitstisch. Es gab auch den Küchenordnerdienst, doch darüber kann ich nichts sagen, da ich ihn nie gemacht habe.
Es gab eine Köchin und zwei Küchenhilfen.


Das Krankenzimmer
Das Krankenzimmer befand sich im letzten Stock, ganz hinten links. Ich hatte einmal die Ehre, drei Wochen dort zu verbringen, da ich an Windpocken erkrankt war.
Wir waren zu viert in diesem Zimmer und in der Früh kam meistens eine Tante und brachte uns das Frühstück und die Salbe, mit der wir uns eincremen mussten. Wenn Tante Mimi kam, mussten wir eine Stunde vor dem Bett knien und Gott bitten, dass wir wieder gesund werden. Danach durften wir unser Bett machen und uns wieder niederlegen.
Danach kam der Satz: “Wenn ich ein Wort höre, komm ich mit dem Kochlöffel!“  Nicht einmal, wenn man krank war, durfte man sprechen.
Gegen 10.00 Uhr vormittags kam die Specki mit Übungen für die Schule, die wir auf einen Block schreiben mussten. Besuch durften wir nicht empfangen und während dieser drei Wochen haben wir niemals einen Arzt gesehen. Aus heutiger Sicht würde ich gerne wissen, wer die Medikamente verordnet hat, da Windpocken ansteckend sind. Es hätte wohl das Gesundheitsamt informiert werden müssen, dies passierte aber nicht. Gegen Mittag brachte eine Erzieherin das Mittagessen, dazu durften wir aufstehen und am Tisch essen. Als die Teller geholt wurden, wurde auch der Schreibbock mitgenommen und der Block vom Vortag wurde zur Verbesserung ausgetauscht. Jedes falsche Wort musste zehnmal geschrieben werden, natürlich wieder Rechnungen und sonstige Sachen. Am Abend wurde das Abendessen gebracht und so gegen 22.00 Uhr zog einen Erzieherin in die Kammer neben dem Krankenzimmer ein – wehe, sie hörte etwas, dann hieß es aufstehen und am kalten Steinboden Strafe stehen.
Zum Thema Arzt möchte ich noch folgendes anmerken ich habe in der gesamten heim Zeit keinen Arzt gesehen außer einmal im Jahr den Schularzt zum Impfen, weiteres wirft sich für mich die Frage auf wer die Medikamente verschrieben hat die wir bekommen haben und welche es waren und wer die Verantwortung dafür hatte.


Die WC-Anlagen
Es gab in jedem Stockwerk, außer dem Keller, eine doppelte WC-Anlage. Tagsüber waren diese geöffnet, und im Erdgeschoß befand sich das WC der Direktorin, das nur von ihr verwendet wurde und versperrt war. Die Hygiene der Anlagen war katastrophal, meistens waren sie verstopft und mit Urin und Fäkalien neben der Muschel „verziert“. Wenn das Erziehungspersonal draufgekommen ist, dass jemand das WC verunreinigt hat, musste dieses ohne Handschuhe gereinigt werden.
Manchmal musste man auch in diesem Gebräu stundenlang Strafe stehen.
Da die WC-Anlagen oft verschmutzt waren, wurden diese während der Nachtstunden abgesperrt und ein Blechkübel auf dem Gang aufgestellt. Dieser war natürlich schnell voll und ist oft übergeronnen, sodass der Gang voll Fäkalien war.


Der Strafkatalog
Die meisten Strafen wurden kollektiv verhängt mit der Begründung „einer für alle, alle für einen“. Strafexerzieren, Leibesübungen, „Halbhockestehen“8, kollektives Auswendiglernen, Gewaltmärsche und Bücherabschreiben. Sehr beliebt war stundenlanges Beten von Rosenkranz und Vaterunser, manchmal sogar in Latein, das Ganze kniend im Speisesaal oder auf dem Schotter im Hof:

Pater noster, qui es in caelis:
sanctificetur nomen tuum.
Adveniat regnum tuum.
Fiat voluntas tua,
sicut in caelo, et in terra.
Panem nostrum cotidianum da nobis hodie.
Et dimitte nobis debita nostra,
sicut et nos dimittimus debitoribus nostris.
Et ne nos inducas in tentationem,
sed libera nos a malo.
Amen.
Ich kann den Schrott immer noch auswendig.

Einzelstrafen waren Prügel mit dem Lineal, Rohrstaberl, Kochlöffel und manchmal mit der Hundeleine. Stehen in Halbhocke mit Büchern auf den Händen und wie immer Schreiben und stures Auswendiglernen, sowie Demütigungen vor den gesamten Zöglingen.
Ein Mitzögling hat einmal im Streit einen anderen Zögling gebissen, daraufhin musste er wochenlang mit einer „Achtung-bissig-Tafel“ um den Hals herumlaufen. Es war auch sehr beliebt, die „Goldunterhosen“9 im Speisesaal herzuzeigen.


Die Zöglinge
Hier werde ich keine Namen nennen, da diese Täter von diesem Heim dazu gemacht worden sind. Einige der größeren Zöglinge zwang die Kleinen der Gruppe 1 zu sexuellen Handlungen, wie Oralverkehr, Masturbation und Analverkehr. Andere Zöglinge hoben Schutzgeld ein, man zahlte,  um nicht verdroschen zu werden. Dinge, die mir selbst passiert sind, da ich nicht zur Sportlerriege gehörte und mich eher zurückzog. Ich musste öfter an gewisse Zöglinge meine Naschsachen  abliefern, um nicht auch noch die Gewalt der Zöglinge zu spüren. Unter den Zöglingen herrschte das Recht des Stärkeren, oder man erkaufte sich den Schutz. Beliebt war auch das Schachern untereinander, um zu gewissen Gegenständen, wie Batterien oder Heftchen/Zeitschriften zu kommen. Erwischt durfte man nicht werden, das wurde natürlich streng bestraft.


Geld
Ich habe mir manchmal von zu Hause Geld mitgenommen, doch wenn das im Heim entdeckt wurde, musste ich es abgeben und bekam dafür sogenannte Sparmarken, die in ein kleines Heft eingeklebt wurden. Mir wurde gesagt, dass das Geld auf ein Sparbuch gelegt werde und ich es bekomme, wenn ich aus dem Heim austrete. Als ich diese Anstalt verliess, bekam ich weder die Bücher, welche ausnahmsweise nicht vernichtet worden waren, noch das vermeintlich angelegte Sparbuch ausgehändigt.
Ich hatte knapp 1000 Schilling in dieser Zeit angespart, einmal pro Monat gab es Taschengeld im Heim, zehn Schilling für die Volksschüler und zwanzig für die Hauptschüler.


Post und Pakete
Einmal im Monat mussten wir Briefe nach Hause schreiben. Als ich in meinem ersten Brief meiner Mutter von den Vorkommnissen im Heim erzählte, klebte ich den Brief zu, wie ich es von ihr gelernt hatte und brachte diesen nach vorne zum Lehrertisch, wo die Specki thronte.
„Wieso ist der Brief zugepickt“ schrie sie und ihre Wurstfinger rissen ihn auf. Als sie ihn las, wurde ihr Gesicht knallrot (hatte die Dame etwa Hypertonie?) und ich bekam eine mit dem Lineal übers Gesicht gezogen. Sie brüllte, wieso ich solche Lügen schreibe, dann zerfetzte sie den Brief und sagte: „Setz dich hin und schreib *Liebe Mutter, mir geht es gut, im Heim ist es schön und das Wetter auch*, lauter solches blabla.
Am Abend musste ich dann in der Kanzlei 300 Mal schreiben „Ich darf keine Lügen über das Heim erzählen, ich darf keine Lügen über das Heim schreiben“ und natürlich war wieder einmal Ausgangsverbot angesagt für drei Monate. Wenn Briefe von zu Hause gekommen sind, wurden sie geöffnet und gelesen und wenn der Specki nicht gefallen, hat was drinnen steht, wurden sie einfach nicht weitergeleitet – basta! Pakete wurden natürlich auch geöffnet und der Inhalt, meistens Naschsachen, Comichefte und Geld, wurde sofort eingezogen. Für das Geld wurden natürlich Sparmarken ausgegeben. Danach musste man in die Kanzlei kommen und einen Dankesbrief für das Paket schreiben (obwohl einem die Sachen gestohlen wurden).

Zwangsarbeit
Manchmal wurden wir auch zu Arbeiten herangezogen, wie z.B. Pferdestall ausmisten, Wohnung putzen, Grabstein polieren, Heim putzen und Bauarbeiten. Diese Arbeiten wurden meistens in den Häusern der Töchter von der Specki durchgeführt. Wenn die Arbeit nicht zur Zufriedenheit ausgeführt wurde, gab es Schläge und Schreierei. Ich habe einige Male nach Johannisberg auf den Friedhof gehen müssen, um die Grabstelle ihres Mannes zu säubern und zu polieren. Die Begründung, warum ich das tun musste, war simpel: ich interessiere mich für Mineralien…
Wenn es geschneit hat, durften wir die Parkplätze für die Lehrer und Erzieherinnen ausschaufeln und natürlich auch die Gehwege vor den Häusern der Töchter. Im Winter hatten auch die Wege im Hof eis- und schneefrei zu sein. Wir mussten diese Arbeiten machen und dazu wurden einige Zöglinge, auch ich, um 5.30 Uhr geweckt, damit das Lehr- und Erziehungspersonal nicht mit Schnee an den Füssen in die Anstalt kommen musste.


Ausgang/Besuch
Manchmal durften wir die Tristesse des Heims verlassen und nach Hause fahren, das war die schönste Zeit. Endlich raus aus der Prügelanstalt, ordentliches Essen und Ruhe - doch das konnte sich schnell ändern! Nicht einmal hat meine Mutter umsonst auf dem Bahnhof Hütteldorf auf mich gewartet…
Schuhe nicht geputzt - Ausgang gestrichen; Hemd nicht in der Hose - Ausgang gestrichen; zu spät vom Ausgang heimkommen bedeutete Prügel, Prügel und nochmals Prügel.
Einmal wurde ich während eines Ausgangs krank und meine Mutter rief im Heim an und sagte, dass ich erkrankt sei. Ich blieb eine Woche zu Hause und meine Mutter brachte mich mit dem Auto zurück ins Heim. Specki begrüsste uns freundlich wie immer und erzählte meiner Mutter, wie brav ich nicht sei. Kaum war meine Mutter weg, begann die „liebliche Stimme“ der Specki durch das ganze Haus zu brüllen: „P. in die Kanzlei!“
Ich begab mich auf schnellstem Wege in selbige, dann hiess es: „Streck die Hände aus“ und schon knallte der Kochlöffel auf meine Finger, dabei splitterte der Kochlöffel und ich blutete an der Hand. Diese Narben sind heute noch sichtbar: „Du hast nicht krank zu werden, wenn du Schule hast, jetzt schreibst einen Aufsatz,  wiesost‘ nicht krank werden darfst!“
Manchmal besuchte mich meine Mutter oder Tante in dieser Anstalt, meistens sonntags. Es kam auf das Ermessen der Specki an, ob wir das Heimgelände verlassen durften oder ob wir spazierengehen konnten. Meistens durfte ich das Heim nicht verlassen.


Davongelaufen
Einige der Zöglinge sind während der Spaziergänge davongelaufen, woraufhin die Schuhe eingezogen wurden und wir nur mehr in Holzschlapfen rausdurften. Damit kann man nicht so leicht abhauen, meinte die Specki. Einigen Zöglingen gelang die Flucht durch die Schlafsäle, sie haben sich mit Bettlaken abgeseilt, meistens aus dem zweiten Stock. Alle wurden wieder erwischt und zurückgebracht, mit der Folge, dass alle aus dem Schlafsaal der „Ausbrecher“ Strafe schreiben und stundenlang strafexerzieren mussten. Wir hätten ja alle davon gewusst haben müssen, doch wir haben das maximal vermutet. Wenn wir sie verraten hätten, hätte uns das Pluspunkte eingebracht. Meist waren die Flüchtigen eingeschworene Cliquen.

Ich selbst habe auch einmal eine Flucht gewagt, bin über das Dach abgestiegen und davongelaufen. Ich bin bis Sieghartskirchen gekommen, wo mich die Gendarmerie erwischt hat.
„AH, HOMMA WIEDA AMOI AN VON DIE VABRECHA AUS WIMMERSDURF DAWISCHT“ Ich wurde in den VW-Bus verfrachtet und auf die Wachstube gebracht, wo ich Anzeige wegen Kindesmisshandlung erstattete und meine Geschichte erzählte.
„DU VERLOGANA BONGAT, DIR WERMAS ZAG’N, ÜBER DIE STELLBOGEN SOLCHE LIAG’N VERBREITEN, DURT GEHT‘S EICH EH VÜÜ Z‘GUAT“ und der alte Gendarm drosch mich mit einem Telephonbuch bewusstlos. Als ich wieder aufwachte, brüllten die beiden Gendarmen:  „WENNST NO AMOI SO AN BLEDSINN DAZÖHST, DANN WIRST UNS KENNALERNAN, DES WOR NO GORNIX!“
Der Alte riss das Papier aus der Schreibmaschine und zerriss meine Anzeige. Danach wurde ich in den Bus gesetzt und zurück nach Wimmersdorf  gebracht, wo ich von der Specki, Irxen und Herrn Lepsinger schon erwartet wurde.  „DO HOBT’S DEN BONGAT WIEDA UND PASST’S BESSER AUF,  DASS DER NET WIEDA OPOSCHT UND WISST’S EH, DER HOT DAZÖHT DASS A G’HAUT WIRD, DES VALOGANE G’SINDL. AN SCHEEN ABEND NO.“

Wir betraten das Heim durch die Garage, wo Herr Lepsinger einen Teppichklopfer aus dem Hosenbund zog  und mich nach Strich und Faden verdrosch. Das Geschrei der beiden Furien habe ich bis heute nicht aus meinem Kopf bekommen. Danach ging’s ins Erdgeschoss, wo schon der gesamte Schlafsaal am Gang in Halbhocke stand. Specki brüllte, dass sie jetzt ins Bett gehen könnten.
In ihrer Kanzlei  musste ich in der Ecke auf einem runden Holzscheit knien bis um 7.00 Uhr in der Früh. Danach ab in den Waschraum, wo mir die Erzieherin ein paar Ohrfeigen zur Begrüssung gab und die „freudige Nachricht“ überbrachte, dass ich mich schon auf was gefasst machen könnte, wenn ich in die Gruppe komme. Frühstück gab es natürlich keines, und dann ab in die Klasse. Nach dem Unterricht wieder in die Kanzlei zum Aufsatzschreiben (15 Seiten,  warum ich diese „schöne“ Einrichtung nicht zu verlassen habe) und wieder mit dem Rohrstaberl 10 auf jede Hand. Als die Strafaktion beendet war, musste ich in die Gruppe, wo mich die nächsten Prügel erwarteten. „P. nimm die Brille runter“ und die Faust traf mich schon wieder mehrmals ins Gesicht. Danach durfte ich in der Ecke stehen bis zum Schlafengehen, doch ich konnte fast eine Woche nicht schlafen wegen der Schmerzen, die ich hatte.



Einige Erlebnisse
Im Heim gab es einen Hund namens „Tommy“, eine lieben Collie. Wenn er im Hof sein Geschäft verrichtet hat, durften die Zöglinge, die am Kothaufen vorbeigingen und diesen nicht sofort wegräumten, wieder zurückgehen, und die Exkremente mit der Hand aufheben und zum Komposthaufen bringen - natürlich ohne Handschuhe zu bekommen. Danach wurden sie als „Schwein“ beschimpft, weil die Hände schmutzig waren. Ich durfte manchmal den Hund füttern, was mich nie gestört hat. Er bekam meistens gekochtes Rindfleisch mit Reis und Karotten, das immer frisch in der Küche zubereitet wurde. Sein Fleisch war immer schöner und besser als der Abfall, der uns vorgesetzt wurde.

Einmal habe ich mitbekommen, dass ein älterer Zögling (Gruppe 4) einen anderen Zögling aus der Gruppe 1 vergewaltigt hat. Ich ging mit dieser Information zur nächsten Erzieherin, es war die Frau Barbara Kreutzer. Diese bekam einen Wutanfall und schrie mich an: „P., was erzählst schon wieder!“ Sie riss mich an den Haaren aus der Gruppe heraus und drosch mich über die Stiegen bis in den Keller. Dort kam auch gleich die Specki an und beide droschen wie blöd auf mich ein mit den Worten: „So etwas gibt es nicht in diesem Heim, Punkt und aus.“ Ich musste in der Kanzlei folgenden Satz 300 Mal schreiben: „Ich soll keine Geschichten erfinden und nicht lügen.“
Während ich diese Strafarbeit schrieb, wurde der Zögling der Gruppe 1 befragt, doch der sagte, dass nichts vorgefallen sei. Als ich ihn ein paar Tage später dazu befragte, weinte er und sagte: „Stephan, es tut mir leid, aber der xxx hat gesagt, wenn ich ihn verrate, bringt er mich um. Bitte schlag mich nicht…“


Ich kann mich nur an eine positive Sache in diesem Heim erinnern.
Mein Cousin hat in Rumänien geheiratet und ich war auf dieser Hochzeit als Gast dabei.
Dort habe ich mich unsterblich verliebt und ich schrieb ihr Briefe, welche Tante Clarissa heimlich hinausschmuggelte, vorbei an der Zensur. Ich bin ihr heute noch dankbar dafür! Diese Frau hat uns auch mit Musikkassetten versorgt. Man musste ihr nur sagen, was man gerne hätte und sie kam ein paar Tage später mit selbst aufgenommenen Kassetten, die wir uns behalten durften.


Draußen beim großen Eisentor stand ein Gerüst mit zwei Schaukeln und Turnringen. Wer brav war, durfte dort schaukeln. Ich hatte das Privileg, mich dort an einem Sonntag aufhalten zu dürfen, da die meisten Kinder auf Ausgang waren. Als ich wieder zurück ins Heim ging, ritt Frau Metznig mit einem mir unbekannten Mann im vollen Galopp vom großen Sportplatz herunter. Da ich mich auf dem Weg befand, konnte ich dem Pferd nicht mehr ausweichen und es stieg mir auf den Fuss. Die Metznig brüllte, ob ich nicht aufpassen könne und schlug einmal mit der Reitgerte in meine Richtung. Sie traf mich am Rücken und ritt weiter, aber ich konnte drei Wochen nicht gehen (Arzt gab es ja keinen).


Im Winter fiel die Heizung öfter aus, an den Fenstern hing dickes Eis und im oberen Waschraum waren die Leitungen eingefroren. Es war so kalt, dass die Bettwäsche gefroren war. Wir mussten mit nackten Oberkörpern in den Waschraum. Da kein Wasser aus der Leitung kam, mussten wir mit Kübeln Wasser aus der Küche holen und uns waschen. Das war zur Abhärtung - und hämisches Grinsen seitens der Erzieherinnen, wenn wir vor Kälte schlotterten …



Zum Muttertag mussten wir alle eine Karte mit Blumen malen und der Specki übereichen, weil sie sich ja als unsere Heimmutter bezeichnete. Einige hatten dann auch noch die Ehre, ein Gedicht aufzusagen, welches mit einem Lächeln belohnt wurde. „Seht’s, alle Kinder haben mich ja so lieb.“


In der Umgebung von Wimmersdorf gab es einen Bach, der von einer Brücke überspannt war. Dort durften wir manchmal im Sommer planschen. Wir trugen Holzschlapfen und kurze Hosen. Tante Barbara brüllte: „Wenn jemand die Hose nass macht, der kann was erleben!“ Wie so oft, musste ich wieder Strafe stehen, da ich einige Stricherln hatte. Nach 30 Minuten durfte ich runter zum Bach, doch ich rutschte aus und fiel ins Wasser. Natürlich wurde meine Hose dabei nass. Barbara riss einen Zweig von einem Strauch und begann, wie wild auf mich einzuprügeln. Dabei rutschte sie selber aus und schlug sich das Knie auf. Sie brüllte: „Alle rauf zum Weg, in Zweierreihe aufstellen, Finger auf den Mund und wenn einer lacht, dann schlag ich euch alle windelweich!“ Alle Kinder liefen schweigend hinauf und stellten sich auf. Drei Stunden später traten wir den Heimweg an, natürlich schweigend. Nach drei Stunden in der prallen Sonne hatten natürlich einige Zöglinge Sonnenbrand. Tante Barbara meinte sarkastisch: „Hättet‘s euch besser benommen, bedankt‘s euch beim P., dann wäre das nicht passiert.“ An diesem Abend wurde ich von den Zöglingen im Schlafsaal verprügelt, da sie mir an diesem verpatzten Nachmittag die Schuld gaben.


Zur Weihnachtszeit mussten wir ein Krippenspiel einstudieren. Die Irxen kam in die Klasse, als wir Aufgabe machten und sagte, dass sie Freiwillige brauche, die beim Krippenspiel mitmachten. Einige meldeten sich, da es aber zu wenige waren, rief sie Namen jener auf, die noch mitspielen mussten.
Wir probten am Abend im kleinen Speisesaal unter der Aufsicht von der Specki. Sie schrie immer nur herum, wenn jemand Textfehler oder die Einsätze zu spät oder zu früh kamen. Einen Satz habe ich noch immer im Ohr: „Pitorelli, du spielst ja eh nur den Ochsen, für was anderes bist eh net zu gebrauchen.“ Kurz vor Weihnachten durften wir das Stück vor fremden Leuten aufführen, um vor der Dorfbevölkerung gut dazustehen.


Eines schönen Tages stürzte die Specki im Stiegenhaus und schlug mit ihrer gesamten Masse auf den Boden. Tante Erika stürzte aus der Kanzlei und brüllte zwei Zöglinge an, ihre Mutter aufzuheben. Diese taten das unbeholfen, da sie Specki so schwer war. Ich lachte über die Tolpatschigkeit, und dass sie nicht einmal mehr selber aufstehen konnte. Als sie stand, ging sie wortlos in die Kanzlei, holte einen Teppichklopfer und begann, wie wild auf mich einzudreschen, weil ich sie ausgelacht habe. Nach der Prügelorgie durfte ich wieder einmal stundenlang sinnlose Texte abschreiben.



Heimkontrollen durch das Jugendamt
Es gab auch Kontrollen von der Stadt Wien in diesem Heim, die einen sehr interessanten Ablauf hatten. Im Speisesaal wurde uns mittags verkündet, dass am nächsten Tag gegen 12.00 Uhr jemand  vorbeikommt, um das Heim zu besichtigen. „Wenn jemand aus der Reihe tanzt oder mit den Leuten spricht, werdet‘s mich erst richtig kennenlernen. Wenn‘s was gefragt werdet’s, dann sagt’s, dass es euch gut geht und das alles in Ordnung ist. Wenn jemand was anderes sagt, dürft‘s drei Wochen nicht nach Hause fahren und ihr kommt‘s nach Eggenburg oder Kaiserebersdorf und dort werdet‘s erst erleben, was Heim heisst. Dort werden‘s euch die Wadeln schon fiererichten! Am Abend werden  die Betten neu gemacht und frisches Gewand ausgefasst. Und jetzt proben wir noch ein Lied.“

Am folgenden Tag wurde der Unterricht stark gekürzt, und das Heim wurde von oben bis unten geputzt - natürlich von uns Zöglingen!  Das Essen was ausnahmsweise gut, weil die Gäste ja auch vom Heimfraß probieren sollten. Die Gäste trafen ein, die Specki betrat den Speisesaal und alle sprangen auf  und sagten: „Mahlzeit, Frau Direktor!“ Die Gäste stellten sich vor, Herr Dr. Sowieso, Gemeinde Wien, Frau Mag. Sowieso, Jugendamt. Die zweite Dame hatte die Funktion der Protokollführung. Die Kommission nahm Platz, das Essen wurde gereicht und natürlich für gut befunden. Nach dem Essen mussten wir alle im Hof, in Gruppen getrennt, in Zweierreihe antreten und wurden leise nochmals gewarnt, ja keinen Blödsinn zu machen. Danach schritt die Kommission die Reihen ab und stellte vereinzelt Fragen. „Wie geht‘s euch, wie gefällt es euch hier, werdet ihr eh gut behandelt?“ Die Specki und die gesamte Erzieherschaft folgten der Kommission auf Schritt und Tritt. Die Antworten der Zöglinge waren natürlich alle positiv. Danach wurde der Rest des Heims besichtigt, wir durften unser Lied singen und dann gab es Gugelhupf mit Kakao. Die Kommission meinte, dies sei ein vorbildliches Heim und verschwand. Specki sagte: „Gut gemacht, seid‘s froh, dass die nix gefunden haben, sonst kommat‘s alle nach Eggenburg oder Kaiserebersdorf.“ Am nächsten Tag gab es Milchnudeln und altes Brot, denn man musste ja die Kosten vom Vortag wieder einbringen.


Der WC-Pümpel10 (Hektor)
Einmal, as ich das WC verliess, kontrollierte die Specki das WC und schrie nach mir, das WC wäre verschmutzt. Als ich sagte, dass ich es nicht verschmutzt habe, nahm sie den Pümpel und schlug kräftig einige Male zu, und danach musste ich die gesamte WC-Anlage säubern.


Als ich meiner Mutter vom Heim erzählte
Ich habe meiner Mutter mehrmals von den Übergriffen im Heim erzählt. Am Anfang hat sie mir nicht geglaubt, aber als ich einmal einen Freund (Ernst) mit nach Hause genommen hab, hat er bestätigt, dass es im Heim nur Prügel gab. Meine Mutter brachte mich mit dem Auto nach Wimmersdorf, um die Specki mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Specki stritt natürlich alles ab und meinte, das wäre jugendliche Phantasie, da ich viel lese.
Meine Mutter glaubte ihr, da sie sehr liebevoll und verständnisvoll über mich sprach. Natürlich hielt mich Mutter danach für einen Lügner und machte sich auf den Heimweg nach Wien.
Die Folge meines Handelns waren wieder einmal Prügel und Strafe schreiben.
Erst als 1982 ein Artikel im Nachrichtenmagazin „profil“ erschien, den ich meiner Mutter zum Lesen gab, ist es ihr wie Schuppen von den Augen gefallen.

Schäden aus dem Heim und Auswirkungen auf mein gesamtes Leben
In diesem Heim wurde mir das gesamte Vertrauen zu anderen Menschen zerstört. Ich konnte früher sehr gut mit Menschen umgehen und es störte mich auch nicht, wenn Menschen um mich herum waren. Heute kann ich es nicht ertragen, wenn in Einkaufszentren oder auf der Straße mir Menschen näher als zwei Meter kommen. Ich habe mich in mich zurückgezogen, hatte schwere Depressionen und bin ein Einzelgänger geworden. Ich zucke heute noch zusammen, wenn mir jemand ins Gesicht greift, auch bei Menschen, die mir nahe stehen. Durch die mangelhafte Bildung konnte ich auch nicht den Beruf ergreifen, den ich wollte. Ich hätte gerne Technik oder etwas Naturwissenschaftliches studiert. Der Aufenthalt in der Kindervernichtungsanstalt hat auch sehr negative Auswirkungen auf mein Körpergewicht.
Ich spreche und schreibe erst über meine traumatischen Erlebnisse, seit ich einige Exzöglinge wiedergetroffen habe, die mich zu diesem Schritt ermutigt haben.


Versuche, das Erlebte öffentlich zu machen
Im Jahre 1982 (Erscheinung des „profil“-Artikels) habe ich mich an die Behörden in Sieghartskirchen gewandt, um meine rechtlichen Möglichkeiten abzuklären. Die Gendarmerie gab mir damals zur Antwort, dass ich sowieso nichts machen könne, da die Familie Stellbogen sicher nichts mit den Quälereien zu tun hätte. Die Verleumdungsklage des Heimes würde ich mir nicht leisten können,  und dass die Personen, die den „profil“-Artikel veröffentlicht haben, sowieso nur Verbrecher wären und schon ein Haftbefehl gegen diese liefe. Es wäre also besser für mich zu schweigen, was ich dann auch tat.
Ich fragte dann bei der Kinderfürsorge im 12. Bezirk nach, wo ich die Auskunft bekam, dass dieses Heim oft überprüft worden war und es nie Vorwürfe gegeben habe. Es sei also besser, den Mund zu halten, da ich die Kosten eines Prozesses sowieso nicht bezahlen könne.

Heute braucht mir niemand erzählen, dass alles verjährt sei! Man hat uns nie zugehört und wenn man zu reden versucht hat, wurde nur abgewunken mit der Begründung, dass es nie was gegeben hätte und alles Lügen sind. Wie sollte man damals zu seinem Recht kommen - weder die Gendarmerie noch die Fürsorge haben etwas getan, sondern mich zum Schweigen verurteilt.


Warum niemand behaupten kann, nichts gewusst zu haben
Einer unserer Mitzöglinge hat sich einer schweren Straftat schuldig gemacht. Während der Verhandlung wurde ein Gutachten erstellt indem die Erziehungsmethoden im KHW als Auslöser genannt und beschrieben wurden. Damit waren der Staatsanwalt und der Richter über die Zustände in dieser Anstalt informiert. Die Missbrauchs- und Misshandlungsfälle im KHW sind somit zu einem Offizialdelikt geworden, welches von der Staatanwaltschaft hätte verfolgt werden müssen.
Genauso gab es einen Prozess in Neulengbach, bei dem vergessen wurde, Zeugen zu laden, sowie
einen Zeitungsartikel in der Kronenzeitung und einen Artikel im Profil.


Besuch einige Jahre danach
1986 bin ich zufällig nach Wimmersdorf gefahren, um etwas bei einer Firma abzuliefern. Ich sah das Heim und eine Dunkelheit durchzog meinen Geist, Kälte stieg in meine Glieder und ich fühlte mich wieder wie ein Kind. Auf dem Rückweg ging ich in das Gasthaus dieser Ortschaft und sprach dort mit den Dorfbewohnern. Auf die Frage, warum sie nie etwas gegen das Heim unternommen haben, da sie ja von den Misshandlungen wussten, kam eine höchst interessante Antwort:
Die Specki hat im Ort verbreitet, dass alle Zöglinge schwerstkriminelle Jugendliche aus Wien seien. Danach fuhr ich zum Heim, wo inzwischen eine Hundezuchtanstalt untergebracht war. Die Besitzer informierten mich, dass Frau Stellbogen jetzt im Nebenhaus wohne.
Als ich dort anläutete, öffnete Tante Erika das Fenster im 1. Stock. Ich begrüßte sie und fragte sie nach ihrer Mutter. Sie drehte sich um und die Specki kam mit ihrer ganzen Leibesfülle ans Fenster und ich fragte nach ihrem Befinden. Sie erzählte mir, dass sie sich so kränke, weil das Heim geschlossen wurde und dass solche Lügen über das Heim verbreitet wurden.
Ich sagte ihr, dass dies keine Lügen seien und dass die Kinder dort sehr wohl misshandelt wurden. „P. erzähl keine Lügengeschichten, ihr habt‘s es immer gut gehabt bei mir“ - ich antwortete darauf nicht und ging wortlos davon.


Was aus mir wurde
Nach dem Heim begann ich eine Lehre als Hafner, welche ich aufgrund einer Allergie gegen Zement abbrechen musste. Danach begann ich eine Lehre als Elektriker, die ich abschloss. Ich arbeitete einige Jahre als Kühlmaschinentechniker, bis die Firma in Konkurs ging. Ein Jahr arbeitete ich im Safaripark Gänserndorf und machte Weiterbildung in EDV-Technik. Durch meine mangelnde Kommunikationsbereitschaft wechselte ich oft die Firmen, machte den LKW-Führerschein und fuhr durch Europa. Endlich fühlte ich mich nicht mehr eingeengt.
Beziehungen zu Frauen hatte ich nur wenige, die meisten zerbrachen nach kurzer Zeit wegen meiner Unfähigkeit,  Gefühle und Liebe auszudrücken. Durch die Erziehung in dieser Anstalt habe ich auch jegliches Mitgefühl gegenüber meiner Umwelt verloren. Jetzt, mit 47 Jahren, beginne ich, das Ganze aufzuarbeiten. Durch den zufälligen Kontakt zu anderen Leidensgenossen aus dieser Anstalt sah ich mich gezwungen, mich mit dieser Zeit auseinanderzusetzen. Leider muss ich feststellen, dass wir noch immer als Lügner und „Wadlbeisser“ hingestellt werden.


Ein Beispiel dazu: Der Bürgermeister von Asperhofen im Jahr 2011
Wir, Ernst, Rudi und ich sind am 12.12.2011 um 17.00 Uhr beim Bürgermeister von Asperhofen vorstellig geworden, um einige Dinge über das Kinderheim Wimmersdorf zu erfragen. Wir wurden von der Sekretärin ins Besprechungszimmer geleitet.
Rudi fragte den Bürgermeister, ob er Informationen zum Heim hätte und ob er uns diese überlassen würde, da wir ein Buch über das Heim Wimmersdorf schreiben und unsere Vergangenheit aufarbeiten wollen.
Antwort des Bürgermeisters: „Was wollt‘s wissen?“
Ich antwortete darauf, dass wir Namen von Erzieherinnen und anderem Personal haben wollten und ob er sich an die Zustände in diesem Heim erinnere, und ob es noch Akten gäbe.
Bürgermeister: „Wissen’s, die Gemeinden wurden interimsmässig zusammengelegt und mir ist im Keller nichts untergekommen. Wendet euch an die Opferschutzkommission in Wien, nehmt‘s euer Geld und seid‘s ruhig.“
Dieser Satz hat uns sehr getroffen und ich antwortete darauf, dass wir unser Geld schon bekommen hätten und dass wir Gerechtigkeit fordern (ich hatte mein Geld noch nicht, aber dafür schon eingereicht).
Er meinte, dass wir Ruhe geben sollten, denn diese Leute haben ja schließlich Kinder und sind alt; und ob wir Vergeltung wollten und warum wir diese Leute nicht direkt selbst befragten.
Ich antwortete darauf, dass das keine gute Idee sei, da sie ja die Täter wären.
Rudi erzählte dem Bürgermeister die Geschichte vom Fred Lepsinger, als er beim Rauchen erwischt wurde und vor allen Zöglingen des KHW geschlagen wurde und dass Herr L als Verstärkung geholt wurde, wenn es die Erzieherinnen mit den Schlägen nicht mehr geschafft haben.
Ich erzählte auch noch von der NS-Vergangenheit des KHW.
Antwort Bürgermeister: „Das kann ich mir nicht vorstellen, da ich mit einigen Zöglingen in die Schule gegangen bin und diese niemals von Übergriffen berichtet haben.“
Weiters nahm er die Täter des KHW in Schutz mit den Worten: „… und außerdem, wir leben im 21. Jahrhundert, Mord kann nicht mit Mord vergolten werden, und Gewalt kann nicht mit Gewalt vergolten werden (meinte er damit, dass wir Gewalt gegen die ehemaligen Peiniger ausüben wollten?)
Darauf erwiderte Rudi, dass wir die Opfer seien und nicht die Täter und was das Alter mit den Anschuldigungen zu tun haben sollte.
Antwort Bürgermeister: „Das ist lange her, wendet euch nach Wien an die Opferschutzkommission“, und das in einem Ton, der mir wieder einmal bestätigte: Heimkind ist gleich Verbrecher und Lügner.


Medizinische Aussagen
Mein Onkel war Direktor einer Volksschule in Niederösterreich und er meinte zu meiner Mutter, dass ich verhaltensauffällig und altklug sei. Er überredete sie, mich im AKH testen zu lassen. Den Test führte Professor Asperger, der bekannte Kinder- und Jugendpsychiater („Asperger-Syndrom“) durch: Es kam heraus, dass ich hochbegabt in naturwissenschaftlichen, mathematischen und technischen Fächern sei. Zu meinem Deutsch-Defizit, das ich bis heute habe, meinte er, ich würde sicher ein guter Wissenschaftler werden und dass man als solcher Sekretärinnen für die Schreibarbeiten hätte. Mein IQ war 205, da stünden mir alle Wege offen.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei allen beteiligten Personen des Heims Wimmersdorf sowie dem Jugendamt für die Zerstörung meines Lebens und meiner Zukunft!


Gegenwart
Ich habe im Februar um Entschädigung beim „Weißen Ring“ angesucht, dieser verwies mich an die MA11, um meinen Akt zu bekommen. Die MA11 schickte mir ein Schreiben, das ich ausfüllte und zurücksendete. Drei Tage später kam ein Anruf der MA11, und man teilte mir mit, dass sie meinen Akt nicht finden würden, aber dass sie weitersuchen würden. Eine Woche später rief mich die MA11 an, dass besagter Akt verschwunden sei und die Suche eingestellt wird.


Erster Termin beim „Weißen Ring“
Ich wurde von einer Dame empfangen, die mich in ein Besprechungszimmer führte. Dort wurde ich über den Heimaufenthalt befragt und ich sagte bereitwillig aus. Immer mehr Erinnerungen kamen zurück und nach ungefähr einer halben Stunde brach ich in Tränen aus. Ich glaubte immer, dass dieses dunkle Kapitel meines Lebens abgeschlossen wäre, aber es stimmt nicht!
Seit ich darüber zu sprechen und zu schreiben begonnen habe, kommen die Albträume wieder, meine Aggression steigt an und die Depressionen werden wieder stärker. Meine Blutdruckprobleme verschlimmern sich ebenfalls.
Nach ungefähr zwei Stunden war das Gespräch beendet und die Dame meinte, es wäre viel zu tun.  Im November rief ich beim „Weißen Ring“ an, um nachzufragen, wie lange es noch dauert. Eine Dame am Telephon meinte, dass der Brief schon zu mir unterwegs sei und ich ihn unterschrieben zurücksenden solle. Nach einer Woche war noch immer kein Schreiben da und ich rief wieder dort an. Frau Gammer teilte mir mit, dass sich die Dame am Telephon geirrt habe und ich noch warten müsse, da es keinen Beweis gibt, dass ich in dieser Einrichtung war. Ich besorgte mir die Abschrift der Schülerevidenzkarte von der Schule Hadersdorf-Weidlingau, an welche die Schule Wimmersdorf angegliedert war. Diese Karte schickte ich Frau Gammer, und diese meinte, dass es jetzt schnell gehen werde und ich bald mit einer Auszahlung (Wiedergutmachung) rechnen könne. Der Dezember verging ich rief wieder Anfang Jänner an. Wieder vertröstet.
Trotzdem muss ich sagen, dass ich mit der Ungleichbehandlung der Opfer nicht einverstanden bin. Wonach richten sich die auszuzahlenden Beträge?
Heute werden wir bedroht, angefeindet und als Lügner beschimpft. „Warum wendet‘s euch nicht an die Täter, sondern an die Stadt Wien, na, so schlimm kann‘s ja nicht gewesen sein, wen interessiert das, es sind 30 Jahre vergangen…“ und vieles mehr. Ein Drohmail möchte ich gerne in dieses Schriftstück einfügen.
Dieses Mail bezieht sich auf unsere Webseiten:
  
    http://www.heimkinder-oesterreich.at/
    http://erziehungsheim-wimmersdorf.blogspot.com/

Herr xxxxxxxx

Der Titel Herr ist sicher aufgrund Ihrer kriminellen Charakterzüge nicht für Sie zutreffend.
Ich bin nicht kriminell
Was Sie nicht wissen ist offensichtlich, daß es seit vielen Jahren Schülertreffen ehemaliger Wimmersdorfer gibt. Quer durch alle Generationen. Interessant dabei: Wir wissen alle 76 ehemalige Zöglinge nichts von solchen Vorgängen in Wimmersdorf und im Julius Tandler Heim. Gab es die beiden Kinderheime vielleicht doppelt?
Ich bin nie zu einem Schülertreffen eingeladen worden
Wimmersorf war ein offenes Internat, wo jeden Sonntag die Eltern zu Besuch kommen konnten und einmal im Monat durften alle über das Wochenende nach Hause.
Je nach Jahrgang waren 5 bis 20% der Zöglinge Privatzöglinge. Selbst Hochadel gab seine Sprösslinge nach Wimmersdorf.
Auch daran kann ich beim besten Willen nicht erinnern, Besuche hingen vom Gutdünken der Specki ab.
Privatzöglinge hat es gegeben, ich war bis vor ein paar Jahren sogar noch mit einem in Kontakt.

Wer wirklich lernen wollte hatte jede Möglichkeit dazu. Talente wurden dafür extra täglich nach Sieghartskirchen gebracht, um auf dortige Schulen zu gehen.
Das stimmt bedingt, es gab die Möglichkeit in den A-Zug zu kommen, wurde aber auch von der Specki bestimmt.

Wenn es in Wimmersdorf jemals wirkliche Rotznasen nach dem Muster von Max und Moritz gab, dann war das der Mayer und ich. Noch heute erzählt man über unsere Streiche. Meines Wissens gab es vor und nach uns beiden keine so üble Brut wie uns beide. Nur wir wurden nie Misshandelt!?
Leider kennen ich beide Namen nicht. Meines Wissens gab es niemand in dieser Einrichtung, der nicht in irgendeiner Art misshandelt  wurde.
Daher erlaube ich mir Sie und den zehnköpfigen Rattenschwanz den sie hinten noch nachschleppen, als krimmenelle und Lügner zu bezeichnen.
Der „Rattenschwanz“ sind alles Opfer dieser Einrichtung, nicht kriminell und auch keine Lügner.

Ich fordere Sie hiermit auf die Gelder welche Sie mit Ihren Lügen ergaunert haben unverzüglich zurück zu zahlen. Weiters informieren Sie alle Medien wie Standart, Profil, etc. welchen Sie Ihre Ammenmärchen aufgetischt haben, daß Sie eiskalt gelogen haben um Wiedergutmachungsgelder zu kassieren. Auch werden Sie die SPÖ betreffs Ihrer dreckigen Lügen über Karl Hauer informieren und sich bei ihm entschuldigen.
Wieso soll ich mich als Opfer bei einem Täter entschuldigen, er kann mich ja gerichtlich belangen, wenn er will. Ich weiss mich zu wehren.

Wir werden Ihre Tätigkeit dabei genauest verfolgen. Sollten Sie Probleme mit Eingeständnissen haben, so werden wir Ihnen zu gegebener Zeit ein wenig nachhelfen. Das wird dann aber Ihr persönliches Waterloo! Sollten Sie meinen Sie seien der Größte und Beste, dann sei Ihnen verraten: Jeder findet einmal seinen Herrn!
Ich habe kein Problem, weiterhin die Wahrheit über diese Einrichtung zu veröffentlichen. Ich werde akribisch die Drohungen weiterverfolgen und zur Anzeige bringen. Ich bin auch sehr neugierig, wie ich das „Nachhelfen“ zu verstehen habe. Ich habe so viele Prügel in dieser Einrichtung bezogen, dass ich hoffe, diese auch zu überstehen. Zu guter Letzt ich habe meinen „Meister“ noch nicht gefunden, denn dieses Mail bestärkt mich nur noch mehr, diesen Sumpf auszutrocknen.
In diesem Sinne

Wolfgang Exxxxxx

Meine Antwort auf diese Mail:
Herr Exxxx, ich hoffe sie finden den Mut sich bei mir zu melden. Ich werde am Montag meinen Anwalt beauftragen, eine Klage gegen sie einzubringen wegen des §297 StGB, 111 StGB. Sie sollten sich sehr schnell bei uns entschuldigen und des weiteren, Sie sind sicher nicht mein Meister.
Mit freundlichen Grüßen P
Natürlich werde ich die Gruppe bitten, gesammelt Anzeige zu erstatten, da ich nicht einsehe, dass solche Menschen ungeschoren davonkommen.
(Beim Drohmail wurden keine orthographischen Korrekturen vorgenommen)
Diese Antwort habe ich bekommen

Wohl schlecht gefrühstückt am Wochenende? Ich habe hier kein Diskusionsforum eröffnet und bin auch nicht bereit zu diskutieren.
Viel mehr habe ich eindeutig festgehalten, was ich von Euch Abzockern zu Ungunsten der Steuerzahler erwarte. Und daran wird sich nichts ändern.

Ich habe Euch die Wahl gelassen, aufrecht und erhobenen Hauptes in Euren Untergan zu gehen, oder mit Schimpf und Schande.

Mit Anwaltsdrohungen etc. schießt Ihr bei mir in die Unendlichkeit des Nirwana. Weiters verstecke ich mich nirgens, sondern lebe am Hof meiner Großmutter auf Sizilien. Dazwischen bin ich geschäftlich auch in St. Petersburg und Dubai anzutreffen.

Also setzt Euch in Bewegung und stellt den Bock wieder auf, den Ihr geschossen habt. Spätestens in einer Woche kann ich Euch dann nachhelfen, falls Ihr durch Startschwirigkeiten gehemmt seid.

In diesem Sinne

Wxxxxx  Exxxx


Gruppe
Wir sind heute eine Gruppe von einigen Leuten, die sich öfter treffen, um unsere Heimgeschichten aufzuarbeiten. Diese Menschen helfen mir sehr, das Erlebte zu verarbeiten, da sie dasselbe erlebt haben. Wir sind schon einige Male nach Wimmersdorf gefahren und haben Fotos gemacht und wir sind auch in Kontakt mit einigen Leuten aus der näheren Umgebung. Viele dieser Menschen haben Mitleid mit uns und beginnen, Geschichten aus der Vergangenheit zu erzählen. Es zeichnet sich ein grausiges Bild des Kinderheims Wimmersdorf ab! Wir haben eine eigene Webseite, Verein (befindet sich in Gründung) und einen Blog ins Leben gerufen, um den Opfern dieser Zeit zu helfen.


Erklärung der Fussnoten

Specki1 = Direktorin Margarete Stellbogen (wegen ihrer ausgeprägten Leibesfülle)

Irxen2 = Erika Hebar (wegen ihrer ausgeprägten X-Beine)

Sprechschluss3
Sprechschluss bedeutete, dass man sofort still sein musste, und wer sprach, wurde bestraft


Stricherlheft4
Ist ein kleines Heft (oder ein Zettel), in welchem alle Namen aufgeschrieben waren und Stricherl gemacht wurden für die Strafaufgaben.

Pfeiferl5 = Trillerpfeife
1x Pfeifen: jeder bleibt stehen wo er ist und vollkommene Ruhe
2x Pfeifen:  in Einserreihe antreten vor der Erzieherin
3x Pfeifen:  in Einserreihe antreten mit dem Finger auf dem Mund


Zapfenrechnung6
Gemeint ist eine x-beliebige mehrstellige Zahlenangabe, die dann mit 2, das Produkt wiederum mit 3, dann weiterhin (immer schön untereinander) mit 4, 5, 6, 7, 8, und 9 multipliziert und dann das Ganze in weiterer Folge mit 2 beginnend bis 9 wieder dividiert wird. Am Ende kommt wieder die Eingabezahl heraus, falls alles richtig gerechnet wurde. Optisch ergibt diese Rechnerei eine Zapfenform.

Lippenwatschen7
Das Opfer unter die Achsel spannen und mit schnellen Schlägen auf die Lippen schlagen

Halbhocke8
Schranzhocke, strafverschärfend mit Büchern auf den ausgestreckten Händen

Goldunterhosen9
Unterhosen die nicht ganz sauber waren

Pümpel10 (Hektor) =WC-Saugglocke


Conclusio
  • Systematische Misshandlung aller Zöglinge mit Einzel- und Kollektivstrafen
  • Systematische Zerstörung des eigenen Willens
  • Allgemeine Zensur
  • Aufhebung der bürgerlichen Rechte durch die Anstalt
  • Zwangsarbeit
  • Auslöschung der Persönlichkeit
  • Schwere Menschenrechtsverletzungen
  • Sexueller Missbrauch  unter den Zöglingen und durch die Erzieherinnen (Genitalkontrolle, Schläge aufs Glied )


Durch die Isolation von den Zöglingen wurde uns die Möglichkeit genommen, uns in irgendeiner Weise zu wehren oder unser Schicksal an die Öffentlichkeit zu bringen.

Möge der geneigte Leser selbst beurteilen, ob die Menschenrechte eingehalten wurden und sich selbst ein Bild machen. Meiner Meinung nach wurden sie nicht eingehalten und dadurch ist keine dieser Taten verjährt sei und die Täter zu ihrer Verantwortung stehen sollten.

(Anm. des Text Controllers: dieser ganze Bericht wurde nur sehr „sanft“ korrigiert, um dessen Authentizität nicht zu zerstören. Es wurde nichts hinzugefügt oder weggelassen.)




Deklaration der Menschenrechte 

 
Alle Menschen verfügen von Geburt an über die gleichen, unveräußerlichen Rechte und Grundfreiheiten.
Die Vereinten Nationen bekennen sich zur Gewährleistung und zum Schutz der Menschenrechte jedes einzelnen. Dieses Bekenntnis erwächst aus der Charta der Vereinten Nationen, die den Glauben der Völker an die Grundrechte des Menschen und an die Würde und den Wert der menschlichen Persönlichkeit bekräftigt.
In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte haben die Vereinten Nationen in klaren und einfachen Worten jene Grundrechte verkündet, auf die jedermann gleichermaßen Anspruch hat.
Auch Sie haben Anspruch auf diese Grundrechte. Es sind auch ihre Rechte.
Machen Sie sich mit ihnen vertraut. Helfen Sie mit, diese Grundrechte für sich selbst und für Ihren Nächsten zu fördern und zu verteidigen.

PRÄAMBEL
Da die Anerkennung der angeborenen Würde und dergleichen und unveräußerlichen Rechte aller Mitglieder der Gemeinschaft der Menschen die Grundlage von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bildet,
da die Nichtanerkennung und Verachtung der Menschenrechte zu Akten der Barbarei geführt haben, die das Gewissen der Menschheit mit Empörung erfüllen, und da verkündet worden ist, daß einer Welt, in der die Menschen Rede- und Glaubensfreiheit und Freiheit von Furcht und Not genießen, das höchste Streben des Menschen gilt,
da es notwendig ist, die Menschenrechte durch die Herrschaft des Rechtes zu schützen, damit der Mensch nicht gezwungen wird, als letztes Mittel zum Aufstand gegen Tyrannei und Unterdrückung zu greifen,
da es notwendig ist, die Entwicklung freundschaftlicher Beziehungen zwischen den Nationen zu fördern,
da die Völker der Vereinten Nationen in der Charta ihren Glauben an die grundlegenden Menschenrechte, an die Würde und den Wert der menschlichen Person und an die Gleichberechtigung von Mann und Frau erneut bekräftigt und beschlossen haben, den sozialen Fortschritt und bessere Lebensbedingungen in größerer Freiheit zu fördern,
da die Mitgliedstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken,
da ein gemeinsames Verständnis dieser Rechte und Freiheiten von größter Wichtigkeit für die volle Erfüllung dieser Verpflichtung ist,
verkündet
die Generalversammlung

diese Allgemeine Erklärung der Menschenrechte
als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal, damit jeder einzelne und alle Organe der Gesellschaft sich diese Erklärung stets gegenwärtig halten und sich bemühen, durch Unterricht und Erziehung die Achtung vor diesen Rechten und Freiheiten zu fördern und durch fortschreitende nationale und internationale Maßnahmen ihre allgemeine und tatsächliche Anerkennung und Einhaltung durch die Bevölkerung der Mitgliedstaaten selbst wie auch durch die Bevölkerung der ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Gebiete zu gewährleisten.
Artikel 1
Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.
Artikel 2
Jeder hat Anspruch auf alle in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten, ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Anschauung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand.
Des weiteren darf kein Unterschied gemacht werden auf Grund der politischen, rechtlichen oder internationalen Stellung des Landes oder Gebietes, dem eine Person angehört, gleichgültig ob dieses unabhängig ist, unter Treuhandschaft steht, keine Selbstregierung besitzt oder sonst in seiner Souveränität eingeschränkt ist.
Artikel 3
Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person.
Artikel 4
Niemand darf in Sklaverei oder Leibeigenschaft gehalten werden; Sklaverei und Sklavenhandel in allen ihren Formen sind verboten.
Artikel 5
Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.
Artikel 6
Jeder hat das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden.
Artikel 7
Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich und haben ohne Unterschied Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz. Alle haben Anspruch auf gleichen Schutz gegen jede Diskriminierung, die gegen diese Erklärung verstößt, und gegen jede Aufhetzung zu einer derartigen Diskriminierung.
Artikel 8
Jeder hat Anspruch auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei den zuständigen innerstaatlichen Gerichten gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden.
Artikel 9
Niemand darf willkürlich festgenommen, in Haft gehalten oder des Landes verwiesen werden.
Artikel 10
Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht.
Artikel 11
(1) Jeder, der einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, hat das Recht, als unschuldig zu gelten, solange seine Schuld nicht in einem öffentlichen Verfahren, in dem er alle für seine Verteidigung notwendigen Garantien gehabt hat, gemäß dem Gesetz nachgewiesen ist.
(2) Niemand darf wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Ebenso darf keine schwerere Strafe als die zum Zeitpunkt der Begehung der strafbaren Handlung angedrohte Strafe verhängt werden.
Artikel 12
Niemand darf willkürlichen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden. Jeder hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.
Artikel 13
(1) Jeder hat das Recht, sich innerhalb eines Staates frei zu bewegen und seinen Aufenthaltsort frei zu wählen.
(2) Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren.
Artikel 14
(1) Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.
(2) Dieses Recht kann nicht in Anspruch genommen werden im Falle einer Strafverfolgung, die tatsächlich auf Grund von Verbrechen nichtpolitischer Art oder auf Grund von Handlungen erfolgt, die gegen die Ziele und Grundsätze der Vereinten Nationen verstoßen.
Artikel 15
(1) Jeder hat das Recht auf eine Staatsangehörigkeit.
(2) Niemandem darf seine Staatsangehörigkeit willkürlich entzogen noch das Recht versagt werden, seine Staatsangehörigkeit zu wechseln.
Artikel 16
(1) Heiratsfähige Männer und Frauen haben ohne jede Beschränkung auf Grund der Rasse, der Staatsangehörigkeit oder der Religion das Recht, zu heiraten und eine Familie zu gründen. Sie haben bei der Eheschließung, während der Ehe und bei deren Auflösung gleiche Rechte.
(2) Eine Ehe darf nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen werden.
(3) Die Familie ist die natürliche Grundeinheit der Gesellschaft und hat Anspruch auf Schutz durch Gesellschaft und Staat.
Artikel 17
(1) Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen Eigentum innezuhaben.
(2) Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.
Artikel 18
Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder seine Weltanschauung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder seine Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.
Artikel 19
Jeder hat das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung; dieses Recht schließt die Freiheit ein, Meinungen ungehindert anzuhängen sowie über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten.
Artikel 20
(1) Alle Menschen haben das Recht, sich friedlich zu versammeln und zu Vereinigungen zusammenzuschließen.
(2) Niemand darf gezwungen werden, einer Vereinigung anzugehören.
Artikel 21
(1) Jeder hat das Recht, an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken.
(2) Jeder hat das Recht auf gleichen Zugang zu öffentlichen Ämtern in seinem Lande.
(3) Der Wille des Volkes bildet die Grundlage für die Autorität der öffentlichen Gewalt; dieser Wille muß durch regelmäßige, unverfälschte, allgemeine und gleiche Wahlen mit geheimer Stimmabgabe oder einem gleichwertigen freien Wahlverfahren zum Ausdruck kommen.
Artikel 22
Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit und Anspruch darauf, durch innerstaatliche Maßnahmen und internationale Zusammenarbeit sowie unter Berücksichtigung der Organisation und der Mittel jedes Staates in den Genuß der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte zu gelangen, die für seine Würde und die freie Entwicklung seiner Persönlichkeit unentbehrlich sind.
Artikel 23
(1) Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.
(2) Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.
(3) Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.
(4) Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.
Artikel 24
Jeder hat das Recht auf Erholung und Freizeit und insbesondere auf eine vernünftige Begrenzung der Arbeitszeit und regelmäßigen bezahlten Urlaub.
Artikel 25
(1) Jeder hat das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen, sowie das Recht auf Sicherheit im Falle von Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invalidität oder Verwitwung, im Alter sowie bei anderweitigem Verlust seiner Unterhaltsmittel durch unverschuldete Umstände.
(2) Mutter und Kind haben Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung. Alle Kinder, eheliche wie außereheliche, genießen den gleichen sozialen Schutz.
Artikel 26
(1) Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch. Fach- und Berufsschulunterricht müssen allgemein verfügbar gemacht werden, und der Hochschulunterricht muß allen gleichermaßen entsprechend ihren Fähigkeiten offenstehen.
(2) Die Bildung muß auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und auf die Stärkung der Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten gerichtet sein. Sie muß zu Verständnis, Toleranz und Freundschaft zwischen allen Nationen und allen rassischen oder religiösen Gruppen beitragen und der Tätigkeit der Vereinten Nationen für die Wahrung des Friedens förderlich sein.
(3) Die Eltern haben ein vorrangiges Recht, die Art der Bildung zu wählen, die ihren Kindern zuteil werden soll.
Artikel 27
(1) Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen und am wissenschaftlichen Fortschritt und dessen Errungenschaften teilzuhaben.
(2) Jeder hat das Recht auf Schutz der geistigen und materiellen Interessen, die ihm als Urheber von Werken der Wissenschaft, Literatur oder Kunst erwachsen.
Artikel 28
Jeder hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in der die in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.
Artikel 29
(1) Jeder hat Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, in der allein die freie und volle Entwicklung seiner Persönlichkeit möglich ist.
(2) Jeder ist bei der Ausübung seiner Rechte und Freiheiten nur den Beschränkungen unterworfen, die das Gesetz ausschließlich zu dem Zweck vorsieht, die Anerkennung und Achtung der Rechte und Freiheiten anderer zu sichern und den gerechten Anforderungen der Moral, der öffentlichen Ordnung und des allgemeinen Wohles in einer demokratischen Gesellschaft zu genügen.
(3) Diese Rechte und Freiheiten dürfen in keinem Fall im Widerspruch zu den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen ausgeübt werden.
Artikel 30
Keine Bestimmung dieser Erklärung darf dahin ausgelegt werden, daß sie für einen Staat, eine Gruppe oder eine Person irgendein Recht begründet, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, welche die Beseitigung der in dieser Erklärung verkündeten Rechte und Freiheiten zum Ziel hat.

Presse und Bücher

"profil" Nr. 11/10 vom 15.03.2010 Seite: 28,29,30,31,32
Ressort: Österreich

Edith Meinhart (Text)


Die Gezeichneten

Jugend. Missbrauch, Schläge und Demütigungen gab es nicht nur in katholischen Internaten. Auch in vielen staatlichen Heimen wurden Zöglinge systematisch gebrochen. Jetzt brechen sie erstmals ihr Schweigen.

Sie will weglaufen. Doch ihre Füße scheinen am Boden festzukleben. Die Fürsorgerin und die Polizei sind hinter ihr her. Aber auch sie kommen nicht vom Fleck. Ihre Verfolger erwischen sie nicht. An dieser Stelle wacht Elisabeth Gruber, 66, meistens auf. Als ihr Mann noch lebte, erzählte sie ihm so oft vom Heim, dass er nichts mehr davon hören wollte. „Hör auf mit dem Blödsinn“, bat er. Doch ihre Albträume ließen sich nicht abstellen.

Elisabeth Gruber sitzt am Wohnzimmertisch, vor sich die Notizen, die sie gemacht hat, um nichts Wichtiges zu vergessen. Sie lebt in Purkersdorf bei Wien, in demselben Einfamilienhaus, aus dem Gendarmen sie am Silvestermorgen 1958 abholten und in eine Erziehungsanstalt steckten, weil sie ein „schlimmes Mädchen“ war. Sie durfte nichts einpacken, nur noch ihren himmelblauen Wintermantel über das Nachthemd ziehen. Mehrmals steht sie auf, lässt den Hund hinaus, kocht Kaffee, holt Krapfen aus der Küche, weil die Erinnerungen sie „noch sehr aufwühlen“.

Jahrzehntelang interessierten sich weder die Justiz noch die Öffentlichkeit dafür, was Heimkinder erlebt haben. Die meisten Einrichtungen wurden in den siebziger und achtziger Jahren aufgelöst oder in sozialpädagogische Zentren umgewandelt. Protokolle und Mündelakten verschwanden im Keller. Ehemalige Zöglinge schwiegen aus Scham. Viele scheiterten als Erwachsene, wurden drogensüchtig oder kriminell. Oder sie brachen zusammen, weil eine Trennung, ein Film, eine ärztliche Untersuchung ihre Wunden wieder aufgerissen hatten.

Jetzt, da sie zwischen 50 und 70 sind, wollen sie den Terror ihrer frühen Jahre publik machen. Viele von ihnen wurden in katholischen Heimen drangsaliert, gedemütigt, sexuell missbraucht. In Deutschland schlossen sich Betroffene zu einem Verein zusammen, in Irland erschütterte der Bericht einer staatlichen Kommission die Öffentlichkeit (siehe Kasten). Auch in Österreich wird die Mauer des Schweigens brüchig. Vergangene Woche gestand Bruno Becker, Erzabt von St. Peter in Salzburg, vor 40 Jahren einen zwölfjährigen Zögling missbraucht zu haben. Er bot seinen Rücktritt an.

Doch die Übergriffe, die nun zutage treten, sind nicht einmal die Spitze des Eisbergs, sagt Zeithistoriker Horst Schreiber: „In katholischen Internaten wurden Zöglinge der Mittelschicht zugerichtet. Die wirklich brutalen Geschichten passierten aber in den geschlossenen Heimen, betrieben von Bund und Ländern. Dort wurden Unterschichtkinder, nach denen niemand gefragt hat, auf eine Art und Weise systematisch gebrochen, die an Terrorregime erinnert.“

Vorvergangenen Freitag präsentierte Jenö A. Molnár im Parlament sein Buch „Wir waren doch nur Kinder“. 16 Jahre lang war Molnár in Kinderheimen untergebracht gewesen. „Es kann sich niemand vorstellen, was das für mich bedeutet“, erklärte der Autor, sichtlich gerührt, seine furchtbaren Erinnerungen im Hohen Haus vorstellen zu können.

*

Jenö A. Molnár kam am 5. August 1946 in Oberösterreich zur Welt, als Kind einer geflüchteten Ungarin und eines US-Besatzungssoldaten. 1947 wurde seine Mutter kurz verhaftet. Als sie zurückkam, war ihr zehn Monate altes Baby nicht mehr da. „Man hat mich ihr gestohlen“, sagt Molnár. Es kostete ihn sein halbes Leben, das herauszufinden.

Den Großteil seiner Kindheit verbrachte „Jöri“ im steirischen Schloss Leonstein. Lieblosigkeit, Gewalt und Sadismus prägten sein Aufwachsen. Eine acht Zentimeter große Narbe erinnert ihn noch heute an eine prügelnde Nonne. Mit 19 stand er auf der Straße, ohne Geld, ohne Papiere. Österreich erkannte ihn weder als Flüchtling noch als Staatsbürger an. Ende der sechziger Jahre ließ er sich schließlich in Deutschland nieder und fristete dort als Staatenloser eine Existenz am Rand des sozialen Abgrunds.

Seine Mutter war ein Name auf seiner Geburtsurkunde, dem einzigen Dokument, das er besaß. Vom Vater fehlte jede Spur. In Stadl-Paura, Oberösterreich, fand Jenö A. Molnár Nachbarn, die sich an den kleinen Sohn der ungarischen Lehrerin erinnern konnten, der in einem Jeep weggebracht worden war.

1986 fand er seine Mutter in einem Vorort von Salzburg. Sie schien nicht überrascht, ihrem 40-jährigen Sohn gegenüberzustehen. Sie gab ihm ein Foto: sein Vater und seine Mutter vor einem Bahnhof, sie war schon schwanger. Auf der Rückseite stand geschrieben: „Auf dem Weg und guter Hoffnung“. Sie erzählte ihm, Soldaten hätten sie 1947 ins Spital gebracht und sie dort festgehalten. Als man sie nach Hause ließ, sei er verschwunden, ihr Mann nach Amerika abkommandiert, ihre Schwester abgängig gewesen.

Bevor Jenö A. Molnár nach Deutschland zurückfuhr, gab sie ihm Geschenke, die die Großeltern in Ungarn dem verlorenen Enkelkind gemacht hatten. Als er neun war, hatte seine Oma in das Tagebuch, das sie für ihn angelegt hatte, geschrieben: „Mein lieber Alpö, ich weiß, dass du diese Zeilen eines Tages lesen wirst.“ Er war nicht vergessen worden, das machte ihn ein wenig ruhiger. 1991 hielt er den ersten Pass seines Lebens in Händen, einen ungarischen. Die Frau auf der Botschaft sah ihn an: „Herr Molnár, wie fühlen Sie sich?“ Sie hatte seine Akte vor sich liegen, zehn Zentimeter hoch. Er hätte sie ihr gerne entrissen.

17 Jahre später, wieder eine Zäsur: Jenö A. Molnár sah „Napola“, einen Kinofilm über die Nationalpolitischen Erziehungsanstalten der NS-Zeit. Er bebte vor Wut, weil sich der Hauptdarsteller, statt zu kämpfen, am Ende ertränkt. Da begann das ehemalige Heimkind zu schreiben: „Es ist wie Wasser aus mir herausgeronnen. In vier Wochen war mein Buch fertig.“

*

Oft beginnen die Geschichten ehemaliger Zöglinge damit, dass das Leben sie in verwahrloste, gewalttätige Verhältnisse warf und die Fürsorge sie in Besserungs- und Züchtigungsanstalten verwahrte. Dort setzten Erzieher, Ordensmänner und geistliche Schwestern alles daran, ihren Willen zu brechen. Wie viele in geschlossenen Heimen gequält, bis zur Besinnungslosigkeit geprügelt, in Korrekturzellen gesperrt, sexuell missbraucht, gedemütigt, ihrer Persönlichkeit beraubt und für ihr Leben gezeichnet wurden, weiß niemand: In Deutschland ist von 800.000 die Rede. „Bei uns waren es sicherlich Zehntausende“, sagt Schreiber.

*

Als Alois M. eineinhalb Jahre alt war, zog seine Mutter zu einem neuen Mann, und die Fürsorge brachte Alois ins Wiener Kinderheim „Am Himmel“. Ein halbes Jahr später kam sein Bruder nach. Die neue Frau des Vaters hatte ihm die Oberarme gebrochen und fast den Schädel zertrümmert.

Vage Bilder vom Schlafsaal, Angst vor den Klosterschwestern, viel mehr blieb Alois M. aus den frühen Jahren nicht im Gedächtnis. Mit sechs Jahren kam er in eine evangelische Anstalt bei Hainfeld. Ein Ort, den er für immer mit Stosuppen verbinden wird, in die er erbrochen hat und die er bis zur Neige auslöffeln musste. Im niederösterreichischen Caritasheim in Retz fiel er einer Erzieherin in die Hände, die es liebte, Kinder aufeinanderzuhetzen. Alois M. rangierte ganz unten, man diffamierte ihn als Bettnässer. Eines Nachts wachte er auf, weil ein anderer Bub auf ihn urinierte.

Mit acht holte ihn der Vater nach Hause, doch bald drosch die Stiefmutter wieder mit allem auf ihn ein, was ihr unter die Finger kam. Der Schularzt entdeckte die frischen Wunden am Körper des Buben. Der Bub musste ins Kinderheim in Wimmersdorf. Es war sein viertes, und verglichen mit diesem, waren alle bisherigen nur die Vorhölle gewesen.

„Wie hast du dir die Zähne geputzt?“, fragte die Direktorin am ersten Abend. Der Zehnjährige hatte noch keine Zahnbürste bekommen und sagte: „Mit dem Finger.“ Schon habe sie ausgeholt und ihm ins Gesicht geschlagen. Die Freizeitgestaltung beschränkte sich auf gespenstisch stumme Ausgänge im Hof: zwei Stunden im Kreis, eine Hand am Rücken, ein Finger der anderen Hand auf dem Mund. „Meine größte Sorge war, nicht aufs Klo zu müssen“, sagt Alois. Außerhalb der geregelten Zeiten war das verboten. Manchmal pickten die Erzieherinnen Kinder heraus und machten sie zu Aufpassern: „Die haben alle aufgeschrieben, die beim Essen geredet haben oder nach halb acht Uhr abends aufs Klo gegangen sind.“

Schläge mussten hingenommen werden. Wer sich mit den Armen schützte oder die Decke über den Kopf zog, sei an den Ohren gezogen worden, bis er blutete. Die Erzieherinnen hätten ihnen büschelweise Haare ausgerissen: „Ich habe auch noch ein paar kahle Stellen von damals am Kopf.“ Wussten sie nicht mehr weiter, sei der kräftige Gatte einer Kollegin ins Heim gekommen und habe die Buben mit Handkantenschlägen und Fußtritten traktiert.

Jede Kleinigkeit trug den Zöglingen ein Stricherl ein, das bedeutete eine halbe Stunde Strafestehen. Wer einen Teller schon vergammelter Erdäpfel hinunterwürgte, konnte sich eine halbe Stunde ersparen, sagt Alois M.: „Ich habe das manchmal gemacht, weil meine Liste immer voll war.“

Einmal stand er zwei Stunden lang frierend mit angeschnallten Skiern am Hügel hinter dem Haus und sah den anderen zu, wie sie die Piste hinunterwedelten: „Als sie fertig waren, musste ich meine Skier abnehmen. Ich durfte nicht fahren.“

In all den Jahren habe sich eine einzige Erzieherin aufgelehnt. Sie war jung, blond, rauchte heimlich und wurde nach drei Wochen entlassen: „Sie hat gesagt, das gehört verboten, was hier passiert. Wir haben sie dafür geliebt.“ Die Bewohner von Wimmersdorf schauten weg, wenn die Buben – „alle mit dem gleichen Nazi-Haarschnitt, den Nacken geschert, die Deckhaare zum Seitenscheitel gelegt“ – in Reih und Glied durch den Ort marschierten.

Neuankömmlinge wurden von den Älteren ins „Schmaucheln“ eingeführt: Sie wurden oral stimuliert, anschließend sollten sie das bei anderen praktizieren. Als Alois M. 14 war, musste er zum Vater zurück. An einem bitterkalten Jännertag rannte er wieder von dort davon. Er übernachtete in Telefonzellen und lief der Polizei in die Hände: „An diesem Tag hat mich die Stiefmutter so verdroschen, dass ich grün und blau war und nicht in die Schule gehen konnte.“

Ein neues Heim, eine neue Hackordnung: Eggenburg. „Es war das beste Heim von allen, doch die ersten vier Wochen waren auch hier die Hölle.“ Heute ist Alois M. knapp 50 und arbeitet in einer Beratungseinrichtung, wo ihm manchmal Zöglinge über den Weg laufen. Erkennt ihn jemand, sagt er: „Sie müssen mich verwechseln.“ Fragt ihn jemand nach seiner Kindheit, wehrt er ab: „Es war nichts Besonderes.“ Als sich vor einigen Jahren seine Freundin von ihm trennte, fiel er in ein schwarzes Loch: „Es war, als müsste ich wieder in ein neues Heim. Das habe ich nicht mehr ausgehalten.“ Dreimal versuchte Alois M., sich das Leben zu nehmen. Dann begann er eine Therapie.

*

Anfang der achtziger Jahre erzählte ein Zögling aus Wimmersdorf einem Reporter der „Kronen Zeitung“, wie es dort zugegangen war. Im Juli 1981 wurde das Heim aufgelöst. Wie viele andere davor und danach. Doch nicht einmal dazu gibt es Zahlen. In seltenen Fällen versuchten ehemalige Insassen, noch an ihre Akten zu kommen, kaum jemals gelang es ihnen. Ihre brennendste Frage blieb oft unbeantwortet: „Warum war ich im Heim? Was hat mit mir nicht gestimmt?“

*

Roland K.s Vater war ein Trinker. Die Pflegemutter schlug ihn mit dem Liguster. „Ich höre heute noch das Pfeifen der Zweige in meinen Ohren.“ Das Schlimmste aber war der unbedingte Gehorsam, den sie verlangte, und dass er nicht im Haus aufs Klo gehen durfte. „Ich musste auf den Misthaufen im Garten.“ Mit zehn stand er auf der Wiese vor dem Haus und schrie: „Ich halte es hier nicht mehr aus!“ So kam auch er nach Wimmersdorf. Er war dort einer der „Braven“, durfte als „Dienstmädchen“ im Privathaushalt der Erzieherinnen arbeiten und bekam ab und zu ein Schnitzel. Die Buben seien oft hungrig gewesen, erzählt er: „Manchmal sind wir in die Küche eingestiegen und haben etwas zum Essen gestohlen.“ Nach seiner Entlassung 1974 begann K. eine Lehre zum Industriekaufmann. Er schaute nach vorn, wenn ihn Erinnerungen quälten, verscheuchte er sie mit einem Schulterzucken: „War halt so.“ Einmal traf er in Wien zufällig eine seiner alten Erzieherinnen. „Wie geht’s dir?“, fragte sie. Er habe nicht den Mut gehabt, ihr auf den Kopf zuzusagen, wie schlimm es im Kinderheim war.

*

Vor vier Jahren beauftragte der oberösterreichische SPÖ-Soziallandesrat Josef Ackerl den Linzer Sozialforscher Michael John, die Heimerziehung nach 1945 nachzuzeichnen. John sprach mit Insassen der ehemaligen „Korrektionsbaracke“ Linz-Wegscheid, studierte Akten und gestaltete aus dem Material die Ausstellung „Wannst net brav bist, kommst ins Heim …“. Sofort drohten ihm ehemalige Erzieher eine Klage wegen „kollektiver übler Nachrede“ an. Zwar kam es nie zu einem Prozess, sie erreichten trotzdem, was sie wollten: Die Ausstellung verstaubt nun in einem Keller.

*

Franz Josef Stangl fand lange keine Worte für die Schrecken: Mit fünf Jahren kam er zu einer Pflegemutter, die ihn prügelte, dann zu einer neuen, die ihn auf Scheitln knien ließ. Mit elf landete er im Erziehungsheim Rosenhof in Graz. „Das bist du“, sagte die Fürsorgerin und deutete auf seine Aktenzahl: Ju.II./57/170752. Essen, einseifen, Licht abdrehen, aufstehen – alles funktionierte auf Kommando. Zweierreihe, Marsch zu den Spinden, in den Waschraum, auf den Sportplatz. Als dem kleinen Franzi die Luft ausging, riss er aus. Er wurde bald wieder eingefangen. Zurück im Heim, verprügelte er einen Zögling, der ihn verhöhnt hatte. Zur Strafe schob man ihn in die Erziehungsanstalt Steyr-Gleink ab. Damit hatte man den Buben immer gedroht: „Wenn du nicht folgst, kommst du nach Gleink.“ Dort herrschte hinter dicken Klostermauern ein ehemaliger Kampfflieger, der Priester geworden war. Unter seinem Regime zählte der Einzelne nichts. Franzi bekam die Wäschenummer 71.

Als Stangl mit 18 als „unerziehbar“ entlassen wurde, war er körperlich und seelisch zerstört. Er betäubte sich mit Alkohol, ging einbrechen, kam ins Gefängnis. 1983 machte er einen Entzug. Danach suchten ihn Panikattacken heim. Von den Medikamenten, die seine Dämonen in Schach hielten, wurde er wieder abhängig. In dieser finsteren Phase seines Lebens beschloss er, seiner Geschichte auf den Grund zu gehen. Im Herbst 2008 erschien sein Buch „Der Bastard“, ein authentischer, literarischer Bericht über die ersten elf Jahre seines Lebens.

Franz Josef Stangl sagt, er habe nur die Augen schließen müssen, schon spulte sich seine Kindheit wie ein Kinofilm vor ihm ab. In wenigen Monaten kommt sein zweites Buch auf den Markt. Es handelt von den Jahren in Steyr-Gleink. Auf dem Buchcover wird das einzige Foto sein, das er von sich besitzt. Stangl hat es aus einem Gruppenbild von seiner Erstkommunion herausgeschnitten. Ein Bild von ihm allein hätte zehn Schilling gekostet. „Die bist du nicht wert“, sagten seine Pflegeeltern damals.

*

Die eigene Geschichte bleibt ein Fragment, wenn sie nicht historisch eingebettet und politisch aufgegriffen wird, sagt Stangl. Er hofft auf eine Plattform ehemaliger Heimkinder auch in Österreich, für die derzeit Sponsoren gesucht werden. „Der Staat darf die Menschen, die unter seiner Obhut zum Krüppel geprügelt wurden, im Alter nicht wieder hängen lassen. Wir wollen Aufklärung, Psychotherapie, Entgegenkommen bei den Sozialversicherungsjahren.“

Stangl ist heute 60, seine Knochen sind brüchig, einige Wirbel eingebrochen, er kann weder lange stehen noch sitzen. Der Amtsarzt attestierte ihm, chronisch krank zu sein. In Pension gehen darf er nicht: „Jetzt macht mich der Staat wieder zur Sau“, sagt Stangl. Viele ehemalige Zöglinge mussten hinter den Anstaltsmauern stupide Zwangsarbeit leisten, ohne einen Schilling Lohn. Bei der Sozialversicherung hatten sie die Heime nicht angemeldet.

*

Als Elisabeth Gruber 13 war, trieb sie sich mit Buben herum. Die Fürsorge steckte das „schlimme Mädchen“ zur Strafe ins Kloster zum Guten Hirten in Obersiebenbrunn. Dort musste sie sechsmal am Tag beten. Eines Tages fiel sie in der Kirche um. Was sie damals nicht wusste: Sie war schwanger.

Im Mütterheim in Graz gab es strikte Arbeitszeiten: 7.30 bis 12 Uhr und 13.30 bis 18 Uhr. Wochenlang strickte sie mit Noppenwolle Pullover. Wenn sie sich beeilte, ging sich einer am Tag aus. Eine Strickwarenfirma ließ die frische Ware abholen. Elisabeth Gruber arbeitete bis zur Entbindung, putzte Kohlrabi, schälte Erdäpfel, wusch Salat. Gleich nach der Geburt arbeitete sie weiter. Eine alte Schwester passte auf ihren Buben auf, während sie bügelte, die immer gleiche Naht einer Schürze mit der Maschine steppte oder Taschentücher mit der Hand säumte. Mit 17 wechselte Elisabeth ins Kloster zum Guten Hirten in Wiener Neudorf. Die Gruppen dort trugen niedliche Namen: „Mohnblumen“, „Leuchtsterne“, „Gänseblümchen“. Doch auch hier verliefen die Tage mit monotonen Tätigkeiten und schwerer, körperlicher Arbeit.

Die Klosterschwestern hätten sie zwar nicht geschlagen, aber sie hätten genau gewusst, „wie sie uns kränken können“. Der geringste Verstoß reichte, um „in die Korrektur“ gesperrt zu werden. Stundenlang, manchmal Tage musste man allein in einem Zimmer sitzen und über die eigenen Fehler nachsinnen. Am Abend wurden Matratzen hinein-, am nächsten Morgen wieder hinausgeschleppt. Dreimal am Tag brachte eine Frau Essen. Es war verboten, mit ihr zu reden. Eines der schlimmsten Verbrechen, das man im Kloster begehen konnte, war eine „Wärmelei“, sexueller Kontakt zu einem anderen Mädchen: „Das kam gleich nach Mord.“

*

Erwachsen geworden, fragten sich die Heimkinder, warum niemand den Terror damals stoppte. Es gab „Einschauen“, vor denen alles auf Hochglanz poliert wurde. Delegationen stolzierten durch die Gänge, schauten in die Zimmer, fragten: „Na, gefällt es euch hier?“ „Wie sind die Erzieher?“ „Schmeckt das Essen?“ Die Zöglinge, die an solchen Tagen ihr schönstes Gewand anlegten und gutes Essen bekamen, wussten, was sie zu sagen hatten. Elisabeth Gruber: „Dann gab es drei Tage lang grindiges Essen, um das gute Esssen wettzumachen. Und danach war alles wie immer.“

Buchtipps

Jenö Alpár Molnár: Wir waren doch nur Kinder … Geschichte einer geraubten Kindheit. August von Goethe Literaturverlag, 2008. 302 Seiten, 18 Euro.

Franz Josef Stangl: Der Bastard. Der Fürsorgezögling. Roman. Bibliothek der Provinz, 2008. 244 Seiten.


Bild: Elisabeth Gruber, 66 Die Fürsorge steckte sie ins Klosterheim, weil sie ein „schlimmes Mädchen“ war. Dort wurde sie jahrelang als Arbeitskraft ausgebeutet.

Bild: Jenö A. Molnár, 63 15 Jahre verbrachte er in Säuglings- und Kinderheimen. Eine acht Zentimeter große Narbe erinnert noch an die Prügel einer Nonne.

Bild: Roland S., 51 Wer zu den „Braven“ gehörte, durfte als „Dienstmädchen“ im Haushalt der Erzieherinnen arbeiten und bekam ab und zu ein Schnitzel.



"profil" Nr. 11/10 vom 15.03.2010 Seite: 31
Ressort: Österreich
Mit freundlicher Genehmigung der Wochenzeitung Profil


Schockwellen

Aufarbeitung. Immer lauter fordern ehemalige Heimkinder Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht.

Es waren schonungslose Nachforschungen. Neun Jahre lang ging eine von der irischen Regierung eingesetzte Kommission der Frage nach, was sich in den katholischen Erziehungsheimen des Landes zugetragen hatte. Über tausend Zeugen wurden befragt. 2009 hielt der so genannte Ryan Report fest: In den Erziehungs- und Besserungsanstalten der Nachkriegszeit wurden Zöglinge als billige Arbeitskräfte ausgebeutet, gefügig gemacht und systematisch misshandelt: körperlich, seelisch und sexuell. Sogar von Kindern, die nach Gewaltexzessen spurlos verschwanden, war zu lesen. Ein irischer Priester gestand mehr als hundert sexuelle Übergriffe. Der Staat Irland, der die kirchlichen Anstalten zumeist finanzierte, hat inzwischen über zehn Millionen Euro Schmerzensgeld an Übergriffsopfer ausbezahlt.

In Deutschland schlossen sich ehemalige Heiminsassen vor vier Jahren zu einem Verein zusammen
( www.vehev.org). Sie fordern ebenfalls Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht. 2006 half ihnen das Buch des „Spiegel“-Reporters Peter Wensierski („Schläge im Namen des Herrn“), die Öffentlichkeit aufzurütteln. Inzwischen widmet sich auch eine Bundestagskommission dem Thema.

In Österreich steht die Debatte noch am Beginn. Vergangene Woche bekam die Mauer des Schweigens deutliche Risse. Bruno Becker, Erzabt von St. Peter in Salzburg, gestand, vor 40 Jahren einen zwölfjährigen Zögling missbraucht zu haben. Bisher musste die katholische Kirche in Österreich keine Klagen ehemaliger Heimkinder befürchten. Einige der berüchtigtsten Erziehungsanstalten – etwa Kaiserebersdorf in Wien – waren staatlich. Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen, fordert nun das Parlament und die Landtage auf, mit der Aufarbeitung der Heimvergangenheit zu beginnen. Für Entschädigungen ist es oft zu spät, weil die Delikte bereits verjährt sind. Steinhauser: „Wir brauchen den politischen Willen und gesetzliche Grundlagen, damit den Opfern heute geholfen werden kann.“

Bild: Wiener Kinderheim „Am Himmel“ Für Entschädigungen ist es oft zu spät, viele Delikte sind verjährt.

 1980 dreht der ORF Teile für den Film "PROBLEMKINDER"

Das Interview mit Direktorin Stellbogen ihrer Tochter Waltraud und dem ehemaligen Zögling Andreas aus dem Film in schriftlicher Form:

Andreas:
In der Frühe sind wir aufgestanden, man hat sich waschen gehen müssen in der Einserreihe angestellt hat jeder rüber gehen dürfen (Waschraum). Dann haben alle das Bett machen müssen und dann haben wir uns zum Frühstück gestellt also zum Tisch setzen. Das waren so Blechhäferl da haben wir einen Kakao oder so etwas bekommen und dann haben wir gefrühstückt.
Danach mussten wir den Gruppenraum zusammenräumen und dann ging es in die Klassen.
Reporterfrage:
Habt ihr mit einander reden dürfen?
Andreas:
Nein durften wir nicht. Wenn sie uns erwischt haben wir entweder eine Schreibstrafe bekommen oder eine Watsche bekommen.
Reporterfrage:
Wurde im Heim öfters geschlagen?
Andreas:
Ja schon öfters und das hat sich dann ausgezahlt, die Direktorin hat mit so einer Stange hergeschlagen mit so einer Bambusstange, das ist schon arg, hinzuschlagen.
Reporterfrage:
Warum glaubst du hat sie das gemacht?
Andreas:
Weil sie geglaubt hat wir machen es nicht mehr, aber das glaube ich nicht das so etwas hilft da werden wir noch schlimmer.

Interview mit Direktorin Stellbogen und Tochter Waltraud
Stellbogen:
Wir sind jetzt 50 Jahre da wir arbeiten im stillen für unsere Kinder wir haben Kinder in schönen Berufen  aber wir brauchen da gar kein wer weiss den ob das die Gemeinde Wien will
Reporterfrage:
Wenn die Kinder schlimm sind was bekommen sie dann für Strafen?
Waltraud:
Das hat sie überhaupt nicht zu interessieren
Stellbogen:
Sehr wenig Strafen da müssen sie höchstens ein bisschen lernen ausserdem sind sie ja kein Pädagogisches Organ
Waltraud spricht dazwischen:
Und ausserdem möchte ich jetzt einen Ausweis sehen das ist einmal vorausetzung da könnte ja jeder kommen.
Reporterfrage:
Stimmt es das sie Kinder schlagen?
Stellbogen:
Das kommt doch gar nicht in Frage das wir Kinder schlagen das kommt doch gar nicht in Frage.
8.08.2012 | 00:00 |

„Mit Peitsche oder Kochlöffel traktiert“

ANKLAGE / Entschädigung für die Behandlung im Kinderheim in Wimmersdorf wollen jetzt ehemalige Zöglinge einfordern.

VON RENATE HINTERNDORFER
WIMMERSDORF / Mit einem Mahnmal wollen ehemalige Bewohner des Kinderheims in Wimmersdorf an ihr Leid erinnern: „Die Leute sollen nicht vergessen, was hier passiert ist.“
Prügel und Missbrauch aller Art seien auf der Tagesordnung gestanden, auch schwere Arbeit hätten die Kinder leisten müssen, so lauten die Vorwürfe.
1981 hat die Stadt Wien den Vertrag mit dem Heim aufgelöst, ehemalige Heimkinder gehen jetzt an die Öffentlichkeit. Nach einem Bericht in der ORF-Sendung „Am Schauplatz“ haben sich mehrere Betroffene bei der NÖN gemeldet. „Wir haben wegen jeder Kleinigkeit eine Watsche oder eine Kopfnuss bekommen. Der Frust ist an uns abgelassen worden. Es wurde Druck ausgeübt, verbal oder durch körperliche Gewalt“, schildert Horst Stangl. Drei Jahre war er im Heim in Wimmersdorf untergebracht: „Es waren alltägliche Torturen. Wenn man als Kind mit der Peitsche oder mit dem Kochlöffel traktiert wird, dann stumpft man ab. Aber Narben an der Seele bleiben.“ Sein ganzes Leben hätten ihn die Vorkormnisse im Kinderheim begleitet, sagt der heute 52-Jährige. Eine Familie habe er nicht gegründet, weil er keine Liebe zu jemandem aufbauen könne. Was Horst Stangl nicht versteht: „Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen.“ Der Wiener überlegt jetzt, ob er um eine Entschädigung kämpft.
So wie Rudolf Prinesdomu. Der heute 48-Jährige war von 1973 bis 1978 im Heim in Wimmersdorf. Eine Wiedergutmachung für das Leid gäbe es nicht, sagt er: „Das war Kinderfolter. Aber wir können mit unserer Anklage nirgends hingehen. Heute sagt man, das ist verjährt.“ Viele hätten wegen ihrer Vergangenheit im Heim keine Lehrstelle, keine Arbeit, kein Geld bekommen: „Das ist alles zusammen eine Katastrophe. 700 Euro Strafe gibt es für einen Schlag ins Gesicht. Ich habe jeden Tag einen Schlag ins Gesicht bekommen. Ich habe fünf Euro Entschädigung pro Tag vom Weißen Ring bekommen.“ Hass habe er keinen: „Es ist passiert. Aber ich möchte eine ordentliche finanzielle Wiedergutmachtung.“
Genau mit solchen Forderungen hat der Asperhofener Bürgermeister Josef Ecker ein Problem: „Dass sich manche Leute eine Opferpension erpressen wollen, finde ich nicht okay. Wenn jeder, der mit Gewalt in Verbindung gekommen ist, eine Opferpension will, dann ist der Staat pleite. Und da wären ja alle Österreicher, die ein Leben lang gearbeitet haben, dumm.“ Drei ehemalige Heimbewohner waren beim Bürgermeister und wollten Auskünfte über die Kindereinrichtung von ihm: „Die konnte ich ihnen nicht geben. Da ist nicht die Gemeinde Asperhofen zuständig, da ist die Stadt Wien zuständig.“ Die Kinder seien arm gewesen, wenn sie kein intaktes Elternhaus gehabt hätten, so Ecker: „Da gibt es aber auch eine Eigenverantwortlichkeit der leiblichen Eltern. Man kann nicht alles auf den Staat abschieben und nach 50 Jahren kommt man drauf, dass da etwas schief gelaufen ist.“
Zur Frage nach Entschädigungen erklärt Mag. Florian Weis, Mediensprecher der Stadt Wien, dass sich alle Opfer an den Weissen Ring wenden können: „Der Weisse Ring wurde von der Stadt Wien beauftragt, Entschädigungen für Opfer der Wiener Jugendwohlfahrt abzuwickeln. Insgesamt haben sich bis jetzt 1.252 Opfer der Wiener Jugendwohlfahrt gemeldet. 858 Fälle wurden behandelt. Von den behandelten Fällen wurde bis jetzt insgesamt 623 Opfern finanzielle Entschädigung bewilligt, und 414 Opfern zusätzlich auch Psychotherapie zugesprochen. Davon waren 37 Fälle aus dem Heim Wimmersdorf .“
Bis 1981 war das Heim in Betrieb, jetzt ist das Gebäude in Privatbesitz.ZVG/PINTARELLI



die-borg (1)
28.08.2012 17:18


interesante ansichten des bgm
interesante rechtsaufassung
meines wissens hat keiner eine opferpension verlangt oder und ich muss es ja wissen ich war bei dem gespräch mit dem bgm dabei
weiters war der betribsstandort des kdh in wimmersdorf nö das bedeutet für mich für die einhaltung und die überwachung der einrichtung niederöstereich zufällt durch ihr verwandschaftsverhältnis haben sie vieleicht vergessen das sie dem volk verantwortlich sind aber das wir ja bei der nächsten wahl sicher schon über ihre machenschaften invormiert sein


PeterRuzsicska (2)
28.08.2012 13:02


Sehr geehrter Herr BGM Ecker!, noch ein kleiner Nachtrag zum Tage:
Ihre Worte:
"Wenn jeder, der mit Gewalt in Verbindung gekommen ist, eine Opferpension will, dann ist der Staat pleite."
Bin hundertprozentig Ihrer Meinung, jedoch ergänze ich höflichst:

Dann hören Sie selbst und Ihre Klientel, sehr geehrter Herr BGM Ecker, endlich auf damit die politischen Voraussetzungen herzustellen um unaufhaltsam Opfer und Täter in alle Ewigikeit weiter zu produzieren.
Schön langsam sollte der braune Dreck echt und wirklich Geschichte sein, derzeit ist aber leider in unserem land von Mozart, Strauß und Spritzweinbeissern noch nichts dergleichen verdaut...

Hofknicks:

Ruzsicska

Ruzsicska
PeterRuzsicska (2)
28.08.2012 12:44

 
Sehr geehrter Herr Sozialminister Hundsdorfer, Sehr geehrter BGM Ecker:
So schaut´s aus:

Wir befinden uns derzeit nicht in Sparzeiten, sondern in Zeiten
der Generalenteignung durch systematische Massenverarmung,
welche Sie genau durch Ihre Politik (mit)verantworten, Herr Sozial - Minister Hundsdorfer.

Frage, wem oder was gegenüber schulden Sie Verantwortung, Herr Sozialminister Hundsdorfer, Herr BGM Ecker?

Kein Cent der ESM-Zahlungen kommt z. B. beim griechischen
Normalbürger an, jene hungern und leiden nach wie vor.
Die ESM-Zahlungen kommen ausschließlich den Banken und
deren Nutzniessenden zu Gute und verarmen unsere eigene
Bevölkerung unterm Strich gänzlich. - Das ist und hat System.

Zeit, daß Sie
- sehr geehrter Herr Minister Hundsdorfer, sehr geehrter Herr BGM Ecker-
aus der Politik austreten und in´s Häfen eintreten.
Die Menschen hier zu Land werden´s Euch danken!

Sehr geehrter Herr BGM Ecker! - Noch ein winziges Detail am Rande:
Irgendwie seltsam, daß es über die Freiwilligen Feuerwehren seit mehr als hundert Jahren in Ihrer Gemeinde zahlreichst und sorgsamst aufbewahrte Dokumente gibt - Wie hübsch!.
Über das "Pensionat" Wimmersdorf, wie Frau Dir. Margarete das Kinderheim Wimmersdorf beschönigend bezeichnete, existiert offenbar nicht einmal eine Faser Amtspapier. Was haben Sie noch alles zu verbergen, wenn Sie wärend Ihrer Amtspflicht das Parteiengehör und die Dokumenteneinsicht verweigern?
Macht echt keinen guten Eindruck, wenn Sie in der Situation der Beweismittelsicherung vom AVG-Recht der Verweigerung der Akteneinsicht betont vorschriftsmäßig und besonders heftig Gebrauch machen...

Herr BGM Ecker, Sie haben sich nicht nur uns gegenüber bez. Ihrer
Moral- und Rechtsauffassung schon sehr klar deklariert -
Wie gesagt, ziehen Sie endlich Ihre zeitgemäßen Konsequenzen...

Übrigens:
Es gilt die Unschuldsvermutung und es besteht Verdacht.
 copyreight nön


Mea Culpa 

Ein Buch von 
Ernst Platt 




Vom Mörder zum Künstler

Von der Kindheit weg über das Heim Wimmersdorf bis zum Mord 
und seinen Weg zum Künstle

Pintarelli Stephan
Pst@live.at